PRESSESTIMMEN
Aus Kommentaren internationaler Tageszeitungen zum Sieg Joe Bidens bei der Präsidentschaftswahl in den USA:
FINANCIAL TIMES
(London) Ebenso wie die Amerikaner hat endlich auch der Rest der Welt wieder eine gewisse Aussicht auf Normalität. Donald Trump hat eine internationale Ordnung gestört, die zwar unvollkommen, aber den bekannten Alternativen überlegen ist. Vertraute Verbündete und multilaterale Gremien wurden verschmäht, unangenehmen Führern wurde beigestanden. Da seine außenpolitischen Aktionen kaum durch den Kongress eingeschränkt werden können, hat Joe Biden die Möglichkeit, diesen Teil des Trumpismus in kurzer Zeit rückgängig zu machen. Auch hier spielen Gesten und Rhetorik eine wichtige Rolle. Zumindest für vier Jahre haben Demokratien wieder einen Freund im Weißen Haus.
Siene Bürcher Zeitung
(Zürich) Biden hat akute Krisen zu bewältigen (...). Sein Fokus wird zunächst ganz auf dem Inneren liegen. Trotzdem ist diese Wahl ein Signal über die amerikanischen Grenzen hinaus. Es stärkt die liberale Demokratie, wenn das geopolitisch und wirtschaftlich mächtigste Land mit seiner großen Strahlkraft nicht länger von einem autoritären Demagogen regiert wird.
RZECZPOSPOLITA
(Warschau) Der Sieg von Biden könnte für (Polens nationalkonservative Regierungspartei, Anm.) PiS einen Reset bedeuten – in der Außen- genauso wie in der Innenpolitik. Präsident Andrzej Duda, der in seinem Wahlkampf warnte, dass die LGBT-Ideologie schlimmer sei als der Bolschewismus, wird keinen leichten Anfang seiner Zusammenarbeit mit Biden haben. Biden hat in seinem Wahlkampf auch gesagt, dass er im Verhältnis zu Polen auf Werte setzen wird – aber sicherlich auf andere als jene, die die PiS hochhält. Polens Regierende haben Grund zur Beunruhigung. (...)
Bisher hat die PiS in Brüssel und Berlin hart gespielt, weil sie darauf zählte, dass sie in Washington einen starken Verbündeten hat, der die EU nicht mag und sich mit (Deutschlands Bundeskanzlerin, Anm.) Angela Merkel ständig in der Wolle hat. Biden hat jedoch schon einen Neuanfang in den Beziehungen zu Deutschland und zur EU angekündigt. Das wird es der PiS erschweren, ihre bisherige Außenpolitik fortzuführen.