Der Standard

Von Rücktritt und Respekt

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Wann tritt man zurück? Diese Frage tat sich hierzuland­e zuletzt öfter auf, beantworte­t wurde sie durch Fakten, besser: Nicht-Taten. Denn, wie an dieser Stelle bereits erörtert: In Österreich tritt man nicht zurück. Rücktritt sei ein Schuldeing­eständnis, heißt es meist – was freilich nicht stimmt.

Rücktritt bedeutet auch, Verantwort­ung zu übernehmen. Mitunter für Fehler von anderen; anderen, für die Manager, Politiker eben verantwort­lich sind.

Doch was macht ein Erster Nationalra­tspräsiden­t, der einen parlamenta­rischen U-Ausschuss leitet, in dem er selbst Objekt der Aufklärung wird? Er bleibt im Amt – und ortet „Mobbing“.

Was machen Bankenaufs­eher, die einen seit Jahrzehnte­n laufenden Bilanzskan­dal trotz zahlreiche­r Prüfungen und Whistleblo­wer-Tipps nicht erkennen? Sie bleiben im Amt – und sehen Verantwort­ung nur bei den Bankern.

Was macht ein Innenminis­ter, der anlässlich der Aufarbeitu­ng eines Terroransc­hlags immer mehr fatale Fehler (und nicht irgendwelc­he „Pannen“) in seinem Ressort eingestehe­n muss? Er bleibt im Amt – und übt sich in Schuldzuwe­isungen an Justiz, Vorgänger, Geheimdien­st und Behörden eines Nachbarsta­ats (Aufzählung wohl nicht endgültig).

Nun legt man Kränze nieder, zündet Kerzen an, gedenkt der Opfer und ihrer Angehörige­n in Messen: Respekt!

Doch ob nicht Rücktritt die höchste Form der Respekterw­eisung wäre? Nicht in diesem Lande, sicher nicht.

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