Wettbewerbshüter werfen Amazon Machtmissbrauch vor
EU-Kommission will gegen Onlineriesen vorgehen
Brüssel – EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager will eine Klage gegen den US-Konzern Amazon einreichen. Dabei geht es darum, dass das Unternehmen Nutzerdaten, die es auf seinem Onlinemarktplatz sammelt, zu seinem eignen Vorteil gegen andere Händler nutzen soll. Der Fokus liegt dabei auf der doppelten Rolle, die Amazon einnimmt: Das Unternehmen agiert nämlich sowohl als Marktplatzanbieter als auch selbst als Verkäufer.
Amazon hat dabei einen Vorteil: Das Unternehmen kann Informationen darüber sammeln, welche Produkte Kunden interessieren, wie viel sie dafür ausgeben würden, wer die großen Player auf dem Markt sind – und wie übersättigt er ist.
So weiß Amazon, wann ein bestimmtes Segment neue Teilnehmer vertragen könnte, die Rivalen ausstechen. Gemeinsam mit Amazons enormen finanziellen Möglichkeiten und der Strategie, nicht in Produkten, sondern Ökosystemen zu denken, kann der Konzern zu einem niedrigeren, weil künstlich geschaffenen, Preis anbieten als viele jüngere Konkurrenten. Vor allem diese Datensammlung, die er über die Konkurrenz betreibt, ist der EU-Kommission ein Dorn im Auge.
Amazon wollte einen Bericht der Financial Times zu dem Wettbewerbsverfahren nicht kommentieren. In der Vergangenheit dementierte das Unternehmen aber, dass es anders agiere als andere Händler. Stationäre Händler würden ja ebenso Eigenmarken verkaufen, Onlinemarktplätze seien überhaupt nur ein Bruchteil des Handelssektors.
Google und Apple bestraft
Zusätzlich zu seinem Datenschatz hat Amazon im Vergleich zu den Unternehmen, die auf seinem Marktplatz verkaufen, einen unkomplizierten Vertriebsweg – und gleichzeitig die Möglichkeit, die eigenen Erzeugnisse aggressiv zu bewerben, während gleichwertige Konkurrenzprodukte nach hinten verlagert werden.
Vestager greift in ihren Verfahren immer wieder gegen US-IT-Konzerne durch: So musste Google in drei verschiedenen Fällen insgesamt acht Milliarden Dollar zahlen, Apple musste 13 Milliarden Dollar Steuern in Irland nachzahlen.
In Österreich reichte der Handelsverband 2019 bei der Bundeswettbewerbsbehörde Beschwerde gegen Amazon ein. Fast zeitgleich leitete das deutsche Bundeskartellamt ein Missbrauchsverfahren ein. Das Ergebnis der gemeinsamen Ermittlungen: Amazon lenkte ein und überarbeitete bzw. änderte einen Teil seiner Geschäftsbedingungen rund um Sperrfristen und Vertragskündigungen von Handelspartnern ohne Angaben von Gründen. Das Verfahren hierzulande wurde daraufhin eingestellt. (muz, vk)