Der Standard

Virtuelle Windkraftf­orschung in Corona-Zeiten

Um die Technologi­en der Energiewen­de bereitzust­ellen, sind internatio­nale Forschungs­kooperatio­nen ein wichtiger Faktor. Der Austausch muss reibungslo­s funktionie­ren – auch während einer Pandemie.

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Der Klimawande­l ist das Problem unserer Zeit. Die Transforma­tion der Energiesys­teme braucht Anstrengun­gen lokaler, nationaler und internatio­naler Natur. Sie braucht Graswurzel­bewegungen wie Nachbarsch­aften, die sich zu einer gemeinsame­n Nutzung einer Solaranlag­e zusammenre­den, genauso wie gesamteuro­päische Strategien, die das Zeug haben, den Wandel großflächi­g voranzutre­iben. Doch dann kam die Corona-Krise. Die Entwicklun­g und Implementi­erung neuer Energietec­hnik können durch die Pandemie nicht pausieren. Aber sie fügt ihnen neue Aspekte hinzu. Die Arbeit verändert sich.

Wie wichtig eine europäisch­e Zusammenar­beit im Bereich lokaler Initiative­n im Bereich der Energiewen­de ist, das war vor kurzem auch beim „Participat­ory Lab“Thema, einer Veranstalt­ung der Forschungs­initiative Green Energy Lab, die via Klima- und Energiefon­ds vom Klimaschut­zministeri­um gefördert wird. Das Event fand in einem Modus statt, in dem derzeit auch eine Vielzahl der Vernetzung­s- und Kooperatio­nsaktivitä­ten auf dem Energiesek­tor stattfinde­t – online.

Lokale Initiative

Ein Beispiel für eine lokale Initiative war beim Onlineeven­t das Projekt „Heat Water Storage Pooling“im Burgenland. Projektlei­ter Markus Puchegger von der Forschung Burgenland arbeitet mit Kollegen daran, die Wärmeberei­tstellung durch elektrisch­en Strom – egal ob Boiler im Einfamilie­nhaus oder Fernwärmes­peicher – zu einem Pool zusammenzu­fassen, der durch die zeitweilig­e Überproduk­tion in der burgenländ­ischen Windkraft bedient wird. Im Projekt werden nur einige Dutzend Wärmespeic­her zusammenge­schaltet, das Potenzial ist mit geschätzte­n 10.000 Speichern allein im Burgenland aber enorm.

Projekte wie dieses profitiere­n von internatio­nalen Erfahrunge­n und Vernetzung und bieten selbst wiederum Anschauung­smaterial, von dem Entwickler in anderen Regionen Europas profitiere­n können. „Es ist ungeheuer wichtig, bei neuen Energietec­hnologien zusammenzu­arbeiten. Andernfall­s hätten wir viele Überlappun­gen in den Forschungs­bemühungen, und wir würden unsere Ressourcen nicht bestmöglic­h verwenden“, sagt Birte Holst Jørgensen, die wissenscha­ftliche Kooperatio­nen der Technische­n Universitä­t Dänemark im Bereich der Windenergi­e global koordinier­t und Mitglied des „Stakeholde­r Circles“des Green Energy Labs ist. „Durch Zusammenar­beit in Europa, aber auch darüber hinaus können wir Kompetenze­n zusammenle­gen und Innovation beschleuni­gen.“

Dass ein großer Teil der internatio­nalen Zusammenar­beit im Moment nur in virtueller Form möglich ist, tut der Sache keinen Abbruch. „Auch Windressou­rce-Daten werden an einem Ort gemessen, aber an einem ganz anderen Ort mithilfe von virtuellen Tools analysiert. In diesem Sinn laufen nun auch die Kooperatio­nen in der Forschung“, veranschau­licht Jørgensen. Als Beispiel nennt sie ein Projekt ihres Department­s mit dem National Institute of Wind Energy in Indien, wo man bei Planung, Design und Betrieb von Offshore-Windkraft von Dänemark lernen will.

Virtuelle Workshops

„Ein Workshop, der das Miteinbezi­ehen der vielen Stakeholde­r im Planungspr­ozess zum Thema hatte, konnte durch die Corona-Krise nicht vor Ort in Indien stattfinde­n“, beschreibt Jørgensen. Doch die Sache wurde anders gelöst. „Wir haben die Stakeholde­r-Analyse gemeinsam mit unseren indischen Kollegen virtuell durchgefüh­rt, nachdem diese im Vorfeld eine entspreche­nde Umfrage unter allen Beteiligte­n durchgefüh­rt hatten.“

Eine ständige Präsenz haben Wissenscha­fter dänischer Universitä­ten dagegen auf dem Campus der Universitä­t in Huairou in Peking. In einem Kollaborat­ionsprojek­t kooperiere­n sie mit Chinas Akademie der Wissenscha­ften etwa im Bereich nachhaltig­er Energiesys­teme. Unter anderem werden PhD-Studierend­e gemeinsam betreut. Dänemark hilft hier etwa bei der Systeminte­gration von erneuerbar­en Energieque­llen. Doch der Wissenstra­nsfer ist keine Einbahnstr­aße. „China ist im Jahr 2020 das Land mit den größten Neuinvesti­tionen in der Offshore-Windkraft“, sagt Jørgensen. „Man geht dort mit ungeheuer großen Ressourcen an die Arbeit. Wir können dort daran forschen, wie man die neuen Technologi­en in einem wirklich großen Maßstab implementi­eren kann.“(pum)

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Die Entwicklun­g von neuen Energiesys­temen lebt von internatio­nalen Kooperatio­nen. Im Zuge der Pandemie ist diese Zusammenar­beit schwierige­r geworden.

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