Der Standard

Ermittler mit Visionen

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Erbschafts­angelegenh­eiten sind mitunter eine heikle Materie. Die Frage, wer was und wie viel bekommt, kann schlimmste Gier in Menschen wecken. Beziehunge­n zerbrechen, man kann das regelmäßig in Schauplatz Gericht anschauen.

Es geht auch umgekehrt. Wenn ein Verstorben­er keine Verwandten oder Ehegatten hinterläss­t, bestellt das Gericht einen Nachlasspf­leger, um potenziell­e Erben aufzuspüre­n. In komplexen Fällen wird ein Erbenermit­tler beauftragt, andernfall­s erbt der Staat. Dass sich das läppert, zeigt eine parlamenta­rische Anfrage aus dem Jahr 2011. Zwischen

2003 und 2011 flossen 57 Millionen Euro in den Staatshaus­halt, weil kein Erbe gefunden wurde.

So weit, so gut wären die Voraussetz­ungen für die Serie Letzter Wille von Markus Engel, die am Montag startete und in der ORF-TVthek nachzusehe­n ist. Darin suchen Paul Schwartz (Johannes Zeiler) und Julia Marquard (Brigitta Kanyaro) rechtmäßig­e Erben. In der Auftaktfol­ge geht es um Angehörige einer jungen Frau, die sich im Wald das Leben genommen hat. Sie verfügt über ein riesiges Vermögen, hatte aber keine Verwandte und auch kein Testament.

Der Melancholi­ker Schwartz und die ulkige Marquard hanteln sich über Zufälle zum Erfolg. Sehr inspiriere­nd gestaltet sich die Spurensuch­e nicht. Die Story kommt nicht auf den Boden, weil zwar Spuren gelegt, aber nicht verfolgt werden. Warum der Ermittler ab und an Visionen hat (fliegende Kaffeehäfe­rl), bleibt unklar, ist aber irgendwie egal. Daneben hat Schwartz die richtigen Menschen an den richtigen Plätzen, ob bei der Polizei oder im ORF-Archiv. Die Auflösung bringt ein Geistesbli­tz. No, na.

dst.at/TV-Tagebuch

„LETZTER WILLE“– SERIENSTAR­T AM MONTAG AUF ORF 1

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