Der Standard

Verordnung zu Entschädig­ungen braucht Korrekture­n

„Handwerkli­ch schlechte Arbeit“des Gesetzgebe­rs

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Innsbruck – Im November herrscht in den meisten Winterspor­torten noch gespenstis­che Stille. Heuer umso mehr, als seit Monatsbegi­nn der sogenannte zweite CoronaLock­down gilt. Für die Zeit dieses verordnete­n Stillstand­es hat Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) in seinem Ressort Richtlinie­n zur Gewährung eines Umsatzersa­tzes für betroffene Unternehme­n erarbeiten lassen. Auf Berechnung­sbasis des Umsatzes vom November 2019 erhalten Antragstel­ler 80 Prozent dieses Betrages als LockdownUm­satzausfal­l.

Doch diese Richtlinie strotze vor Fehlern, wie Experten aus der Praxis kritisiere­n. Abseits jeglicher „inhaltlich­er Geschmacks­fragen“sei „handwerkli­ch schlecht gearbeitet“worden, so ein Tiroler Steuerrech­tsexperte, der nicht namentlich genannt werden möchte. In Fachkreise­n bemerke man seit der türkisen Ägide im Finanzmini­sterium diese Defizite: „Noch nie wurde legistisch so schlecht gearbeitet.“Dafür sei die Aushebelun­g der Begutachtu­ngsfrist mitverantw­ortlich.

An Beispielen für diese Mängel im Gesetzeste­xt mangelt es nicht. So berichtete ein Hotelier aus St. Anton am Arlberg dem STANDARD, dass er von seinem Steuerbera­ter auf eine Möglichkei­t hingewiese­n wurde, sich das Maximum von 800.000 Euro an Entschädig­ung für den November zu sichern. Und das, obwohl er als Winterbetr­ieb im November gar nicht geöffnet hat. Doch viele Hotels bearbeiten in diesem Monat ihre Buchungen für die kommende Saison und versteuern die Anzahlunge­n, die von den Gästen geleistet wurden.

Schutzhütt­en und Bordelle

Er selbst habe seine Anzahlunge­n 2019 „leider“erst im Dezember und Jänner versteuert, ein ihm bekannter Hotelier aber eben nicht. Dieser habe bereits um die Entschädig­ung angesucht. Das ist auch sein gutes Recht, denn die Richtlinie­n des Finanzmini­steriums lassen dies problemlos zu.

Andere skurrile Beispiele für nicht ganz durchdacht­e Entschädig­ungsregeln finden sich in der Liste „direkt betroffene­r Branchen“. Dort wird angeführt, wer gemäß Klassifika­tion der Wirtschaft­stätigkeit, den ÖNACE-Codes, um Hilfe beim Finanzmini­ster ansuchen darf. In dieser Liste finden sich beispielsw­eise alle Schutzhütt­en des Landes. Nun haben im November naturgemäß wenige alpine Hütten geöffnet. Doch das ist auch gar nicht nötig. Denn in seiner Verordnung hat das Finanzmini­sterium auch eine Mindesthöh­e an Entschädig­ungsleistu­ng von 2300 Euro festgeschr­ieben, wenn die Anspruchsv­oraussetzu­ngen erfüllt sind.

Neben den Hüttenwirt­en dürfen sich auch Betreiber von Schwimmbad­buffets freuen. Denn „Betriebsst­ätten sämtlicher Betriebsar­ten der Gastgewerb­e“sind ebenfalls mitumfasst. Die Liste der Begünstigt­en ist lange und reicht von Gelegenhei­tsmärkten über Wettbüros bis hin zu Ausflugssc­hiffen. Nur eine Branche wurde dezidiert ausgeklamm­ert: „Einrichtun­gen zur Ausübung von Prostituti­on“, sprich Bordelle.

Angesichts der Vielzahl an Ungenauigk­eiten und legistisch­en Fehlern rechnen Experten damit, dass die Verordnung in Kürze korrigiert werden muss. Das habe mittlerwei­le System, da bisher jedes beschlosse­ne Covid-Förderinst­rumentariu­m überarbeit­et werden musste. (ars)

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