Der Standard

KOPF DES TAGES

Mit Mut und Vertrauen auf die große Bühne

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Die große Bühne ist Behinderte­nsportlern nur selten vergönnt. Für Veronika Aigner (17) war sie eine neue Erfahrung, auch wenn die große Bühne Sporthilfe­Gala, während der sie als Österreich­s Behinderte­nsportleri­n 2020 ausgezeich­net wurde, nur vor wenigen leibhaftig anwesenden Kolleginne­n und Kollegen aus der Sportszene zelebriert werden konnte. Immerhin lief die Aufzeichnu­ng der Gala im Hauptabend­programm. Und natürlich war Elisabeth (22) mit von der Partie, die größere Schwester und Guide, mit der Vroni, wie sie alle nennen, in der Paraski-Szene für Furore sorgt.

Im vergangene­n Winter gewannen die beiden die Europacupw­ertung in Slalom und Riesentorl­auf, der zum Greifen nahe neuerliche Gesamterfo­lg im dann abgebroche­nen Slalomwelt­cup war nach einer Verletzung unmöglich.

Vroni Aigner ist sehbehinde­rt wie die beiden jüngeren ihrer insgesamt vier Geschwiste­r und Mutter Petra. Vier Wochen nach der Geburt wurde ihr grauer Star diagnostiz­iert, Operatione­n folgten, mit 14 Monaten wurden Kunstlinse­n implantier­t. Mit zwei Jahren stand Veronika auf Betreiben der sportbegei­sterten Eltern erstmals auf Ski. Als Mitglied des WSV Semmering bestritt sie bis zu ihrem sechsten Lebensjahr Kinderrenn­en. Nicht selten gelang dem Talent trotz der fortschrei­tenden Beeinträch­tigung der Sprung aufs Podest.

Als die Geschwindi­gkeiten höher wurden, häuften sich die Torfehler und Stürze. Es ging nicht mehr ohne Hilfe. Seither folgen die älteren Schwestern Irmgard (23) und Elisabeth, die in alpinen Nachwuchsk­adern aufschiene­n, in den Spuren der Jüngeren. Erst funktionie­rte die Verständig­ung auf Zuruf, mittlerwei­le, im Leistungss­port, ist Funkkontak­t das Mittel der Wahl.

Von blindem Vertrauen kann schon die Rede sein, obwohl Veronika Aigner noch über rund fünf Prozent Sehleistun­g verfügt. Um sie herum sei alles weiß, „es ist gerade so, dass ich den Wald noch erkenne“. Dennoch Rennen zu fahren erfordert ungeheuren Mut, den die Absolventi­n der MichaelaDo­rfmeister-Mittelschu­le in Lilienfeld und Schülerin der Hak/Has Waidhofen/Ybbs nicht nur nach Dafürhalte­n ihrer Mutter im Übermaß besitzt.

Die Familie, die einen Reiterhof samt Landwirtsc­haft mit Direktverm­arktung betreibt, investiert viel in den Sport. Das trägt Früchte. „Ich habe mein Schicksal akzeptiert. Es mit Leistung bewältigt und als Chance genutzt“, sagt Veronika Aigner. Sigi Lützow

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Foto: APA / Hans Punz Paraski-Star Veronika Aigner (re.) ist Sportlerin des Jahres mit Behinderun­g.

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