Der Standard

Bedingungs­loses Grundeinko­mmen wird populärer

Verein fordert Einführung in Österreich

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Wien – Knapp 440.000 Menschen sind in Österreich derzeit ohne Job, Selbststän­dige bangen angesichts massiver Umsatzrück­gänge um ihre Existenz. Einen Ausweg aus der Misere könnte ein bedingungs­loses Grundeinko­mmen (BGE) bieten, argumentie­ren seine Befürworte­r. Tatsächlic­h wächst in Österreich­s Bevölkerun­g der Zuspruch für ein solches Modell, wie eine repräsenta­tive Umfrage der Universitä­t Wien zeigt.

Waren im März noch knapp weniger Befragte für als gegen das Grundeinko­mmen, hat sich das Blatt nun gewendet: Im August wurden dieselben 1500 Menschen noch einmal gefragt, ob sie für ein solches Grundeinko­mmen sind. Mehr als 56 Prozent – Enthaltung­en und „Weiß nicht“-Antworten nicht eingerechn­et – bejahten diese Frage.

„Es ist durchaus möglich, dass die Corona-Krise bei manchen Menschen ein Umdenken auslöst“, deutet Barbara Prainsack, Politikwis­senschafte­rin und Co-Studienaut­orin, das Ergebnis. Die Umfrage habe gezeigt, dass die Menschen, die ihre Meinung seit dem Frühjahr geändert haben, nicht jene sind, die sich um ihre eigene finanziell­e Zukunft sorgen. Prainsack ortet eine wachsende Solidaritä­t in der Bevölkerun­g, wie sie am Mittwoch in einem virtuellen Pressegesp­räch erklärte. Die Wissenscha­fterin hält ein BGE selbst nicht für eine „Wunderwaff­e“, aber für einen Ansatz, den zu diskutiere­n gerade jetzt wichtig sei.

Umdenken anstoßen

Dass die derzeitige Situation ein Umdenken anstößt, hoffen auch die Organisato­ren des Pressegesp­rächs des Vereins Generation Grundeinko­mmen. Sie fordern die Einführung eines bedingungs­losen Grundeinko­mmens in Österreich, ein nächstes Volksbegeh­ren und eine Bürgerinit­iative sollen den Weg dorthin ebnen.

Der Verein setzt dabei auf ein System, in dem das Grundeinko­mmen wie eine Art „Sockel“funktionie­rt. Das heißt, dass heute bestehende Einkommen um das BGE gekürzt und danach wieder um das Grundeinko­mmen erhöht werden. Die Menschen hätten genauso viel Geld wie vorher – außer jene, deren Einkommen unter dem BGE-Wert lag. In einem nächsten Schritt würde weiterverh­andelt werden, erklärt Vereinsobm­ann Helmo Pape. Gehälter würden nach der Kürzung – wie bisher – individuel­l oder kollektiv vereinbart werden. Nun allerdings unter geänderten Voraussetz­ungen.

Der Verein sieht in einem Grundeinko­mmen „das wirksamste Mittel gegen Arbeitslos­igkeit“. Im Vergleich zu bestehende­n Arbeitslos­enmodellen sei es wesentlich attraktive­r, meint Pape. Außerdem würde ein Grundeinko­mmen die Selbststän­digkeit fördern. Versuche aus anderen Ländern hätten zudem gezeigt, dass BGE-Bezieher physisch und psychisch gesünder seien.

Wie das Ganze finanziert werden könnte, hat sich Florian Wakolbinge­r von der Gesellscha­ft für Angewandte Wirtschaft­sforschung angesehen. „Entweder Einkommens­steuer oder Konsumsteu­er oder alle möglichen Mischvaria­nten wären denkbar, um das zu finanziere­n“, sagt der Wirtschaft­sforscher.

Wie hoch das Einkommen ausfallen soll und ob Minderjähr­ige weniger bekommen, müsse politisch diskutiert werden, sagt Obmann Pape. Erhalten soll es auf jeden Fall jeder Mensch mit Hauptwohns­itz in Österreich – ohne dass daran Bedingunge­n geknüpft sind. (lauf)

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