Ermittlungen eingestellt
Der aktuelle Entscheid des Wiener Oberlandesgerichts, die Ermittlungen rund um die Eurofighter einzustellen, überrumpelte das Kabinett von Heeresministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Sie lässt jedoch weitere Mittel prüfen.
Das Kabinett rund um Verteidigungsministerin Klaudia Tanner zeigt sich vom aktuellen Entscheid des Wiener Oberlandesgerichts, die Ermittlungen rund um die Eurofighter einzustellen, überrumpelt.
Im Kabinett von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) war man am Mittwochabend vom aktuellen Spruch des Oberlandesgerichts Wien offensichtlich überrumpelt – bis Donnerstagvormittag dauerte es, dass man sich dort zu einer Presseaussendung durchrang, dass die Betrugsermittlungen rund um die Anschaffung der ungeliebten Eurofighter eingestellt sind.
Um 10.10 Uhr war es dann so weit, dass Tanner, die bald nach ihrem Amtsantritt vollmundig erklärt hatte, dass sie der Hersteller Airbus „noch kennenlernen“werde, der Öffentlichkeit mitteilte: „Ich kann die Entscheidung nicht nachvollziehen, in einem Rechtsstaat ist dies jedoch zu akzeptieren. Klar ist, dass dadurch vieles im Dunkeln bleiben wird und mögliche Straftaten nicht aufgeklärt werden.“
Sie habe nun die Finanzprokuratur beauftragt, alle etwaigen verbleibenden rechtlichen Mittel zu analysieren.
Aussicht auf Ausstieg weg
Hintergrund der politischen Niederlage: Seit Monaten hatte die ÖVP-Ministerin mit dem Verweis auf ausstehende Justizverfahren eine Entscheidung über die künftige Luftraumüberwachung hinausgeschoben und weiterhin suggeriert, die verhassten Eurofighter doch noch loswerden zu können.
Auch wenn Verfahrenskomplexe des Stammverfahrens weiterhin offen bleiben, steht jetzt aber fest: Das Verfahren rund um die Betrugsanzeige ihres Vorgängers Hans Peter Doskozil (SPÖ), mittlerweile Landeshauptmann im Burgenland, ist ad acta gelegt – nachdem das Oberlandesgericht die Ermittlungen gegen Airbus gestoppt und damit einer Beschwerde der Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht stattgegeben hat.
Unumstößliche Tatsachen
Zur Erinnerung: Unter Minister Doskozil wollte Österreich geltend machen, dass fragwürdige Geldflüsse über Briefkastenfirmen in den Kaufpreis der Eurofighter eingepreist worden seien und dass der Hersteller bei Abschluss des Deals gar nicht in der Lage gewesen sei, die bestellte Tranche 2 zu liefern.
Der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, der das Verfahren für die Republik seit Februar 2017 geleitet hat, zeigte offenes Unverständnis über die Einstellung der Ermittlungen, aber, so erklärte auch er via APA: „Gerichtsentscheidungen schaffen Tatsachen, die zu akzeptieren sind.“
Er erinnerte auch daran, dass die Staatsanwaltschaft München gegen Airbus wegen Fehlverhaltens ein Bußgeld in Höhe von 81,25 Millionen Euro verhängt hatte und der Konzern gegenüber den US-Behörden politische Zuwendungen rund um den Deal eingestanden hat.
Ex-Minister Doskozil zeigt sich auf STANDARD-Anfrage über die Einstellung des Verfahrens „nicht überrascht“; nach der erstinstanzlichen Zurückweisung der Anzeige sei das vorherzusehen gewesen. Es überrasche ihn auch nicht, „dass diese Entscheidung mitten in einer Pandemie, in den Nachwehen eines großen Terroranschlags, gleichsam durch die Hintertür“erfolge.
Bedauern auch bei Doskozil
Inhaltlich sei seine Entscheidung im Jahr 2017, auf der Grundlage der intensiven Recherchen einer unabhängigen Taskforce im Verteidigungsministerium eine umfangreiche Sachverhaltsdarstellung einzubringen, durch die Entwicklungen in den USA und Deutschland bestätigt worden. Die deutsche Justiz und Finanz habe Airbus in der Causa Eurofighter im Jahr 2019 eine Bußgeldzahlung von fast 100 Millionen Euro auferlegt und inzwischen frühere Airbus-Manager wegen schwerer Untreue verurteilt. Auch in den USA habe sich Airbus von einer weiteren Verfolgung „freigekauft“, wie Doskozil festhält. „Es ist bedauerlich, dass nun gerade in Österreich der Steuerzahler leer ausgehen muss.“
Pilz will Mittäter nennen
Großen Unmut zeigte Peter Pilz, der einst als Abgeordneter jahrzehntelang Aufklärung rund um die Causa Eurofighter betrieben hat. Eine Einstellung aller Eurofighter-Verfahren wäre „ein Verbrechen“, sagt Pilz zum STANDARD. Und: „Ich werde alle Mittäter nennen.“
Für Pilz „stinkt dieser Fisch dermaßen, dass es mehr als einen Fischkopf geben muss, eigentlich eine Fischkopf-Galerie“. Der einstige Politiker und jetzige Herausgeber von zackzack.at verweist auf die Vorgänge rund um die Ermittlungen: Mehrfach sei bei den Staatsanwaltschaften das Team ausgetauscht worden, das die Causa bearbeitete, teils auch auf Weisung der Oberstaatsanwaltschaft.
Konkret erfolgte nun die Einstellung mit der Begründung, dass von den österreichischen Anklagebehörden im bisherigen dreieinhalbjährigen Ermittlungsverfahren der begründete Verdacht des Betrugs an der Republik Österreich nicht durch ausreichende eigene Ermittlungsergebnisse so weit dargestellt werden konnte, dass eine Fortsetzung der strafbehördlichen Ermittlungen gerechtfertigt wäre.
Neue Turbulenzen in Sicht
Zuletzt hatte Tanner Verkaufsgespräche mit Indonesien geführt, weil sich der Inselstaat an den hiesigen Eurofightern interessiert gezeigt hatte. Doch auch rund um dieses Ansinnen tun sich Probleme auf: Für ein Verscherbeln der Abfangjäger braucht es die Zustimmung der Herstellerstaaten Deutschland, Italien, Großbritannien und Spanien – sowie den Sanktus der USA und von Airbus selbst, weil darin hochsensible militärische Komponenten eingebaut sind.
Kampfflugzeuge kauft man, um unbekannte, allenfalls feindliche Flugzeuge abzufangen – und wenn man ein Flugzeug mit zeitgemäßer Ausstattung kauft, dann ist es auch für Aufgaben wie die Aufklärung und allenfalls Bekämpfung von Bodenzielen ausgerüstet.
Das muss man im Hinterkopf behalten, wenn man den Murks um die österreichische Eurofighter-Beschaffung betrachtet. Da ging es nämlich um alles Mögliche, nur nicht um militärische Fragen. Zuletzt wurde nur noch diskutiert, wie die arme, dumme Republik Österreich von einem hinterhältigen Rüstungskonzern über den Tisch gezogen worden ist. Vor mehr als dreieinhalb Jahren hat der damalige Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, beraten vom späteren Innenminister Wolfgang Peschorn, die abenteuerliche Idee entwickelt, eine Strafanzeige gegen Airbus einzubringen: werden, betrogen, Der Geld deshalb Konzern zurückzahlen, müsse habe die er womöglich Republik bestraft Doskozils die Flieger Nachfolger zurücknehmen. – Mario Kunasek (FPÖ), Thomas Starlinger (im Auftrag des Bundespräsidenten) und Klaudia Tanner (ÖVP) – haben Peschorns juristisches Abenteuer weiterverfolgt. Airbus werde sie schon noch kennenlernen, wie es Tanner markig formulierte.
Nix da, hat nun die Staatsanwaltschaft beschieden – eine Anklage kommt nicht infrage, dazu liegt einfach zu wenig vor.
Und das, obwohl seit der Typenentscheidung für den Eurofighter im Sommer 2002 jede Menge Verdächtigungen ausgesprochen worden sind: Schon die Entscheidung für ein Flugzeug aus einem Nato-Land erschien den damaligen Oppositionsparteien SPÖ und Grüne (und bald auch einem Teil der FPÖ) ziemlich verdächtig. Im Raum stand, dass sich die wegen der FPÖ-Regierungsbeteiligung international gemiedene Regierung von Wolfgang Schüssel (ÖVP) beim deutschen Kanzler Gerhard Schröder (SPD) durch den Kauf eines in Deutschland endgefertigten europäischen Flugzeugs beliebt machen wollte – was schließlich gelungen ist.
Nicht gelungen ist aber, die Korruptionsvorwürfe auszuräumen. Das wurde nicht besser, als Schüssel im Wahlkampf 2002 die Idee lancierte, statt der Republik könne ja auch ein Industriekonsortium als Käufer des Kriegsgeräts auftreten und den Kauf über die Gegengeschäfte finanzieren.
Diese Absurdität blieb Österreich erspart – aber Schüssels Äußerung offenbarte, dass der Politik damals der geschäftliche Aspekt (möglichst viele Aufträge für die österreichische Wirtschaft) wichtiger war als der militärische (Luftraumsicherung).
Das mit den Gegengeschäften hat dann auch halbwegs geklappt. Das mit der Luftraumsicherung nicht: Zu sehr hatten sich die Eurofighter-Gegner auf die politischen Aspekte des Kaufs eingeschossen, zu sehr hatten Nebenaspekte (grenzwertig teure Pressekonferenzen, fragwürdige Jagdeinladungen, geheime Treffen, dubiose Sponsorships) die Diskussion in Beschlag genommen.
Daher wurde der ohnehin unpopuläre Kampfjet so weit abgerüstet, dass er jetzt nur mehr unter großem Aufwand weiterbetrieben werden kann, um die Luftraumsicherung zu gewährleisten. Darauf sollte sich die Politik, die in drei U-Ausschüssen und mehreren Gerichtsverfahren zu keinem brauchbaren Ergebnis gekommen ist, endlich konzentrieren.