Das Puppentheater
Fußballprofi Marcel Sabitzer kritisiert den Terminplan, er hat mit einer Absage der drei Länderspiele gerechnet. Marko Arnautovic kommt am Samstag nach Wien. Europas Fußball versinkt im Corona-Chaos.
Marcel Sabitzer hat am Mittwochabend das 3:0 von Österreichs Reserve gegen Luxemburgs Reserve im Fernsehen geschaut, er dürfte sich schon besser unterhalten haben. Der 26-Jährige saß in Wien im Mannschaftshotel (auch Blase genannt) und hat natürlich bis zum Schlusspfiff ausgeharrt. „Das Spiel war überschaubar, die zweite Halbzeit etwas besser.“Er und Kollegen wie David Alaba, Xaver Schlager. Andreas Ulmer oder Stefan Lainer waren von diesem Ausflug befreit, sie stiegen am Donnerstagabend in die Vorbereitung auf die Nations-League-Partien im leeren Happel-Stadion gegen Nordirland (15. 11.) und Norwegen (18. 11., jeweils 20.45 Uhr) ein. Sabitzer erwartet übrigens „kampfbetonte Spiele, die wir gewinnen wollen. Ziel ist, die Gruppe als Erster zu beenden und in die Liga A aufzusteigen. “
Es ist ein Kommen und Gehen. Philipp Lienhart, Valentino Lazaro und Jörg Siebenhandl traten die Heimreisen nach Freiburg, Mönchengladbach und Graz an. Christoph Baumgartner befindet sich in Hoffenheim in Mannschaftsquarantäne, dort muss er wohl bleiben. Am Samstag rückt dafür Marko Arnautovic ein, er kommt aus China angeflogen, der Unterhaltungswert könnte steigen. Am Sonntag gegen Nordirland ist er aber nur theoretisch ein Thema. Er absolviert einen Corona-Nachtest, um die Vorgaben des europäischen Verbandes Uefa zu erfüllen.
Teamchef Franco Foda war vom Auftritt in Luxemburg nicht unbedingt begeistert, vor allem die Leistung vor der Pause irritierte ihn. „Alles viel zu langsam. Wir blicken jetzt nach vorn. Wichtig war, dass wir dieses Spiel gewonnen haben.“Der Luxemburger Kollege Luc Holtz bilanzierte so: „Neue oder große Erkenntnisse habe ich keine bekommen.“Frei übersetzt: völlig sinnlos.
Ein Gewinner war wohl der LASK. Philipp Wiesinger erzielte bei seinem Debüt in der Nachspielzeit den dritten Treffer, Innenverteidiger Gernot Trauner den ersten. Zwei Premieren, womit zwei Kindheitsträume erfüllt wurden.
Der nichtbeteiligte Sabitzer stellte die Sinnfrage.
Der Leipzig-Legionär hatte erwartet, dass diese Länderspielperiode aufgrund der rasant steigenden Infektionszahlen abgesagt wird. „Es ist sehr fragwürdig. Die Spieler kommen von überall her angereist, das Risiko ist groß. Bei den Vereinen hat man wenigstens einen gewissen Überblick. Aber für die Verbände ist es eine gute Sache, sie brauchen Einnahmen. Wir Spieler leiden unter der Höchstbelastung. Im Endeffekt sind wir so Puppen, die ausführen, ausführen müssen. Alles andere liegt nicht in unserer Hand.“
Auch der 23-jährige WolfsburgLegionär Schlager lässt die Sinnfrage zu. „Es ist nicht einfach zu beurteilen, ob Profifußball in diesen Zeiten vertretbar ist. Aber immerhin sorgen wir dafür, dass die Leute Abwechslung haben, unterhalten werden. Und die nationalen Verbände benötigen Geld, um kleine Vereine zu retten.“
Spreader-Spieltag
Die im Vorfeld viel kritisierte Runde an Testländerspielen im europäischen Fußball könnte sich im Nachhinein als kontraproduktiv zu den Bemühungen herausstellen, den Profifußball trotz der Pandemie am Laufen zu halten. In den großen Ligen wächst die Sorge, dass für Nationalteams abgestellte Legionäre mit Covid-19-Infektionen zu ihren Arbeitgebern zurückkehren.
Am Mittwochabend führte Domagoj Vida in Istanbul Vizeweltmeister Kroatien in die Testpartie gegen die Türkei (3:3), der Spieler von Besiktas Istanbul wurde zur Pause ausgewechselt, wenige Stunden später stellte sich heraus, dass ein vor dem Spiel genommener Corona-Test des 31-jährigen Teamkapitäns positiv war. Die mit ihm eingesetzten Spieler, allesamt quasi K1-Personen, sind in Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Polen, Russland, der Türkei und England engagiert. Beim Gegner tummelten sich auch nicht wenige Legionäre.
Beim Länderspiel zwischen Dänemark und Schweden (2:0) fehlten nach dem positiven Test des Hoffenheimers Robert Skov insgesamt 20 Nationalspieler. Janne Andersson, der Teamchef der Schweden, war schon vor der Partie positiv getestet worden, hatte sich aber in häuslicher Isolation befunden.
Ebenfalls ohne Cheftrainer mussten die Italiener beim 4:0 gegen Estland auskommen. Neben der ordnenden Hand von Roberto Mancini fehlten der Squadra Azzurra zehn Spieler, weil Lazio Rom, Fiorentina und Roma nach mehreren positiven Testergebnissen auf Anweisung lokaler Gesundheitsbehörden keine Spieler abstellen durften.
Lazio steht im Verdacht, in Zusammenarbeit mit einem Labor in Avellino Tests manipuliert zu haben. Ursprünglich negativ getestete Spieler wie Kapitän Ciro Immobile war bei Test der Uefa vor einem Europacupspiel positiv. Weitere Tests in Italien waren erneut negativ. Die Serie A will die Testungen ihrer Klubs jetzt sicherheitshalber zentralisieren.