Schulschließung fegt Betriebe leer
Ohne Kinderbetreuung sind bis zu 1,2 Millionen Mitarbeiter nicht voll einsetzbar. Unternehmen befürchten wegen drohender Schulschließungen Lieferengpässe, Strafzahlungen und Unterbesetzung.
Viele Unternehmen beschäftigen sich derzeit mit einem Horrorszenario. Sollte zu den Corona-bedingten Problemen auch noch ein größerer Mitarbeiteraufall kommen, würde die schwierige Geschäftslage noch einmal beeinträchtigt. Tatsächlich bewegt derzeit eine Frage das Land: Werden die Schulen geschlossen? Nervosität macht sich nicht nur bei Kindern und Eltern breit, sondern auch im Wirtschaftsleben. Ob Handel, Handwerk oder Industrie: Mit betreuungspflichtigen Kindern zu Hause sind viele Mitarbeiter nicht oder nur teilweise einsetzbar.
Wie stark der Einfluss der Schule ist, zeigt die Statistik. Laut Arbeitskräfteerhebung gibt es 1,2 Millionen Erwerbstätige mit Kindern, die unter 15 Jahre alt sind. Am meisten Eltern sind in der Produktion tätig, gefolgt vom Handel. Und: Die drittgrößte Gruppe der Erwerbstätigen mit kleineren Kindern arbeitet im Gesundheitsund Sozialwesen, das angesichts der Anspannung durch Corona schon jetzt besonders gefordert ist.
Einer von vielen Managern, die von Schulschließungen betroffen wäre, ist Andreas Marchler. Der Geschäftsführer des steirischen Engineeringunternehmens Zeta mit 850 Beschäftigten erzählt, dass zur Durchführung von Projekten jeder Mitarbeiter gebraucht werde. Zeta baut u. a. Anlagen für die Pharmaindustrie, wo Terminverzögerungen besonders problematisch wären. Sie könnten auch Pönalen nach sich ziehen, betont Marchler. Die Kombination von Kinderbetreuung und Arbeit wolle man den Mitarbeitern nicht zumuten. Dass das nicht gehe, habe der erste Lockdown gezeigt.
In der Ersten Group vertritt man die Ansicht, dass Schulschließungen wirklich nur das letzte Mittel sein sollten. Für Unternehmen
und die Bankengruppe würden Schulschließungen „eine mittlere Katastrophe und enorme Belastungen der Mitarbeiter“mit sich bringen, wie es Unternehmenssprecher Peter Thier ausdrückt. Die Bank selbst beschäftigt allein in Wien rund 10.000 Mitarbeiter, von denen um die 35 Prozent Kinder in schulpflichtigem Alter haben. Laut Ansicht der Banker würden solche Schließungen die Schul- und Arbeitsleistungen beeinträchtigen, die Belastungen erhöhen.
Ähnlich sieht das der Handel: Spar und Rewe betonen unisono, dass eine Verschärfung
der Personalsituation nicht leicht zu stemmen wäre. „Wenn sich das durch eine generelle Schulschließung verstärkt, dann wird das wirklich problematisch“, meint Spar-Sprecherin Nicole Berkmann.
Andere wiederum befürchten, dass manches Geschäft unwiederbringlich verlorengehen würde. Bei Lieferverzögerungen würde „das ein oder andere Gerät bei Konkurrenten gekauft“, sagt Dominik Santner. Er ist für die Produktion bei der Grazer Anton Paar GmbH zuständig, die Messgeräte herstellt und 3500 Mitarbeiter beschäftigt.
Berechtigte Sorge
Wie viele andere Unternehmen auch, will auch Santner die Belegschaft nicht überfordern: „Von zu Hause aus zu arbeiten, wenn gleichzeitig Kinder zu betreuen sind, hat sich in der Vergangenheit als unmöglich herausgestellt.“Die Sorgen dürften nicht ganz unberechtigt sein. Offen ist laut Angaben aus Regierungskreisen nur noch, ab welcher Schulstufe die heimischen Bildungseinrichtungen dichtgemacht werden.