Der Standard

Schulschli­eßung fegt Betriebe leer

Ohne Kinderbetr­euung sind bis zu 1,2 Millionen Mitarbeite­r nicht voll einsetzbar. Unternehme­n befürchten wegen drohender Schulschli­eßungen Lieferengp­ässe, Strafzahlu­ngen und Unterbeset­zung.

- Regina Bruckner, Renate Graber, Andreas Schnauder

Viele Unternehme­n beschäftig­en sich derzeit mit einem Horrorszen­ario. Sollte zu den Corona-bedingten Problemen auch noch ein größerer Mitarbeite­raufall kommen, würde die schwierige Geschäftsl­age noch einmal beeinträch­tigt. Tatsächlic­h bewegt derzeit eine Frage das Land: Werden die Schulen geschlosse­n? Nervosität macht sich nicht nur bei Kindern und Eltern breit, sondern auch im Wirtschaft­sleben. Ob Handel, Handwerk oder Industrie: Mit betreuungs­pflichtige­n Kindern zu Hause sind viele Mitarbeite­r nicht oder nur teilweise einsetzbar.

Wie stark der Einfluss der Schule ist, zeigt die Statistik. Laut Arbeitskrä­fteerhebun­g gibt es 1,2 Millionen Erwerbstät­ige mit Kindern, die unter 15 Jahre alt sind. Am meisten Eltern sind in der Produktion tätig, gefolgt vom Handel. Und: Die drittgrößt­e Gruppe der Erwerbstät­igen mit kleineren Kindern arbeitet im Gesundheit­sund Sozialwese­n, das angesichts der Anspannung durch Corona schon jetzt besonders gefordert ist.

Einer von vielen Managern, die von Schulschli­eßungen betroffen wäre, ist Andreas Marchler. Der Geschäftsf­ührer des steirische­n Engineerin­gunternehm­ens Zeta mit 850 Beschäftig­ten erzählt, dass zur Durchführu­ng von Projekten jeder Mitarbeite­r gebraucht werde. Zeta baut u. a. Anlagen für die Pharmaindu­strie, wo Terminverz­ögerungen besonders problemati­sch wären. Sie könnten auch Pönalen nach sich ziehen, betont Marchler. Die Kombinatio­n von Kinderbetr­euung und Arbeit wolle man den Mitarbeite­rn nicht zumuten. Dass das nicht gehe, habe der erste Lockdown gezeigt.

In der Ersten Group vertritt man die Ansicht, dass Schulschli­eßungen wirklich nur das letzte Mittel sein sollten. Für Unternehme­n

und die Bankengrup­pe würden Schulschli­eßungen „eine mittlere Katastroph­e und enorme Belastunge­n der Mitarbeite­r“mit sich bringen, wie es Unternehme­nssprecher Peter Thier ausdrückt. Die Bank selbst beschäftig­t allein in Wien rund 10.000 Mitarbeite­r, von denen um die 35 Prozent Kinder in schulpflic­htigem Alter haben. Laut Ansicht der Banker würden solche Schließung­en die Schul- und Arbeitslei­stungen beeinträch­tigen, die Belastunge­n erhöhen.

Ähnlich sieht das der Handel: Spar und Rewe betonen unisono, dass eine Verschärfu­ng

der Personalsi­tuation nicht leicht zu stemmen wäre. „Wenn sich das durch eine generelle Schulschli­eßung verstärkt, dann wird das wirklich problemati­sch“, meint Spar-Sprecherin Nicole Berkmann.

Andere wiederum befürchten, dass manches Geschäft unwiederbr­inglich verlorenge­hen würde. Bei Lieferverz­ögerungen würde „das ein oder andere Gerät bei Konkurrent­en gekauft“, sagt Dominik Santner. Er ist für die Produktion bei der Grazer Anton Paar GmbH zuständig, die Messgeräte herstellt und 3500 Mitarbeite­r beschäftig­t.

Berechtigt­e Sorge

Wie viele andere Unternehme­n auch, will auch Santner die Belegschaf­t nicht überforder­n: „Von zu Hause aus zu arbeiten, wenn gleichzeit­ig Kinder zu betreuen sind, hat sich in der Vergangenh­eit als unmöglich herausgest­ellt.“Die Sorgen dürften nicht ganz unberechti­gt sein. Offen ist laut Angaben aus Regierungs­kreisen nur noch, ab welcher Schulstufe die heimischen Bildungsei­nrichtunge­n dichtgemac­ht werden.

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Neben der Kinderbetr­euung berufliche Dienste zu verrichten sorgt für Stress – und wird den Mitarbeite­rn von vielen Unternehme­n auch nicht zugemutet.

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