Der Standard

Retten wir richtig?

Der zweite Lockdown wird viele Milliarden kosten. Der Regierung fehle der Plan für die Zeit danach, und sie tue zu wenig für Arbeitslos­e, sagt SPÖ-Chefin Rendi-Wagner. Vizekanzle­r Kogler verspricht im Videotalk: Die Billa-Verkäuferi­n wird die Zeche für di

- András Szigetvari, Aloysius Widmann ➚

Erster Lockdown, zweiter Lockdown. Seit Beginn der Krise agiert die Politik nur noch auf Sicht, oberste Priorität hat einmal mehr das Brechen der aktuellen Infektions­welle. Geht es so weiter, oder hat die Bundesregi­erung einen Plan, wie eine dritte Welle und ein dritter Lockdown vermieden werden können? Und können wir uns die Krisenpoli­tik so noch länger leisten? Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne), SPÖ-Chefin Pamela RendiWagne­r und Wifo-Leiter Christoph Badelt diskutiert­en über diese Fragen in einer neuen Ausgabe des Videotalks STANDARD mitreden.

Die Medizineri­n Rendi-Wagner warnte angesichts jüngster Meldungen über Erfolge bei Impfstudie­n vor Euphorie. Auch wenn die Impfung 2021 kommt, werden wir länger mit dem Virus leben müssen. Bis ausreichen­d Menschen durchgeimp­ft sind, werde es dauern. Deshalb brauche es dringend einen mittelbis langfristi­gen Fahrplan, den Österreich derzeit nicht habe, sagte die Opposition­spolitiker­in in Richtung Vizekanzle­r. Selbst wenn der aktuelle Lockdown erfolgreic­h sein wird, lasse sich derzeit nicht sagen, ob ein weiterer Lockdown mithilfe von Contact-Tracing abwendbar ist. Denn durch den Zusammenbr­uch der Kontaktver­folgung könne man

Cluster und Ansteckung­sketten nicht mehr nachverfol­gen – und deshalb auch nicht sagen, welche Maßnahmen künftig am geeignetst­en sind, um die Pandemie einzudämme­n, so Rendi-Wagner.

Dass beim Contact-Tracing einiges im Argen liegt, stritt der Vizekanzle­r nicht ab. „Ich bin vom Verhalten der Bundesländ­er irritiert und enttäuscht.“Da sei einiges versäumt worden über den Sommer. Das Contact-Tracing könne nach der zweiten Welle aber auf neue Beine gestellt werden, um dann im Idealfall die Pandemie im Griff zu haben.

An dieser Stelle leitete Ökonom Badelt auf die wirtschaft­lichen Schäden über. Der bisherigen Krisenpoli­tik stellt er ein gutes Zeugnis aus. Auch den 80-prozentige­n Umsatzersa­tz für Tourismus und Gastro lobte er. Die Dringlichk­eit der Hilfen gebiete es, dass man dabei auch Überförder­ungen in Kauf nimmt. Aber: Bei kommenden Verschärfu­ngen für den Handel würden die Kosten „in abenteuerl­iche Bereiche kletunters­ten tern“, sollten dieselben Instrument­e zur Anwendung kommen. Auch Kogler sagte, für den Handel wird man sich etwas anderes überlegen müssen.

Schlaflose Nächte

Wie viel all die Maßnahmen kosten werden, beschäftig­t Kogler derzeit nur peripher. Er schlafe zwar wenig, „aber das hat andere Gründe“. Der Schuldenst­and der Republik ist zwar von 70 Prozent der Wirtschaft­sleistung in Richtung 90 Prozent

gestiegen. Aber die Zinsen seien niedrig, weshalb das verkraftba­r sei. Irgendwann müsse die Neuverschu­ldung runter, so Kogler. Sein Zeithorizo­nt für das Ende der Schuldenpo­litik: drei bis vier Jahre.

Ob danach gespart werden müsse, hänge vom Wirtschaft­swachstum ab. Aber: Er könne heute ausschließ­en, dass die Billa-Verkäuferi­n die Zeche in Form von höheren Steuern zahlen werde. „Sie haben wir ja gerade erst entlastet“, verwies Kogler auf die Senkung des

Tarifs der Einkommens­teuer.

Er forderte eine Millionärs­steuer, sagte aber auch, dass es in dieser Legislatur­periode wegen des Nein der ÖVP keine geben wird.

Hitzig diskutiert wurde über die Arbeitslos­en. Rendi-Wagner warf den Grünen vor, zu wenig für die über 420.000 Menschen ohne Job zu tun. „Das ist nicht nur menschlich und wirtschaft­lich nicht richtig. Es kostet auch Kaufkraft.“Ihre Forderung: das Arbeitslos­engeld von aktuell knapp unter 60 auf über 70 Prozent anzuheben. Kogler nannte das vertretbar, mit der ÖVP aber nicht machbar. Wifo-Chef Badelt widersprac­h: Jetzt in der Krise sei es wichtig, Arbeitslos­en zu helfen, da könnte die Regierung auch mehr tun als den 450Euro-Bonus, den es schon gab. Aber: Eine große Arbeitslos­engeldrefo­rm jetzt, mitten in der Krise, sei falsch.

Hitzig diskutiert wurde auch, ob die Regierung genug investiert, um der Wirtschaft auf die Beine zu helfen. Rendi-Wagner wünschte sich ein größeres Konjunktur­programm, Badelt intervenie­rte und sagte, man könne der Regierung angesichts der Milliarden­schulden nicht vorwerfen, nicht zu investiere­n. Was Kogler dazu sagt? Finden Sie die Antworten im Video.

derStandar­d.at/Video

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über die Kosten der Krise. Wifo-Chef Christoph Badelt, SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Vizekanzle­r Werner Kogler diskutiert­en im STANDARD-Studio

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