Der Standard

Blockade statt Kompromiss

- Eric Frey

Von der positiven Reaktion der Wall Street zu schließen, gefällt Amerikas Wirtschaft­streibende­n die Aussicht auf eine Machtteilu­ng in Washington, bei der die Demokraten das Weiße Haus und das Repräsenta­ntenhaus kontrollie­ren und die Republikan­er den Senat. Damit scheint gesichert, dass der zukünftige Präsident Joe Biden einen gemäßigten Wirtschaft­skurs fahren muss und keine der radikalere­n Pläne der Parteilink­en wie Green New Deal oder drastische Steuererhö­hungen für die Reichen umsetzen kann.

In früheren politische­n Epochen mag diese Überlegung richtig gewesen sein. Da waren parteiüber­greifende Lösungen noch möglich. Doch es gibt kaum Grund zur Hoffnung, dass die Republikan­er unter Senatsführ­er Mitch McConnell und mit einem verbittert­en Donald Trump im Hintergrun­d mit Biden zusammenar­beiten werden. Statt Pragmatism­us drohen den USA in den kommenden Jahren Blockade und Stillstand.

Als Präsident kann Biden über Verordnung­en und Anweisunge­n einiges bewirken, so etwa Trumps Willkürpro­tektionism­us in der Außenhande­lspolitik beenden. Aber für alles, was Geld kostet, braucht er beide Kammern des Kongresses. Das gilt vor allem für ein Programm zur wirtschaft­lichen Erholung in und nach der Corona-Pandemie, über das seit dem Sommer gestritten wird. Ohne dieses droht den USA ein schleppend­er Aufschwung mit negativen Folgen für Arbeitsmar­kt und Armutsentw­icklung. Aber was McConnell schon Trump verweigert hat, wird er sicher nicht Biden geben.

Auch die Hoffnung auf ein großes Investitio­nsprogramm für die marode US-Infrastruk­tur dürfte sich zerschlage­n haben. Nachdem die Republikan­er eine Steuersenk­ung durchgepei­tscht haben, die das Budgetdefi­zit explodiere­n lässt, werden sie unter Biden scheinheil­ig wieder beginnen, sich um die Staatsschu­lden zu sorgen. Das mag zwar langfristi­g berechtigt sein, aber der katastroph­ale Zustand von Amerikas Brücken, Tunnel, Bahnlinien und Straßen verursacht noch Zwar viel sieht größere es nach ökonomisch­e der jüngsten Kosten. Anhörung nicht danach aus, dass der Oberste Gerichtsho­f die Gesundheit­sreform außer Kraft setzen wird. Aber durch die Sabotage in den Trump-Jahren sind die Lücken im System gewachsen; doch auch die Reform von Obamacare wird warten müssen. Und ebenso wenig wird in der Steuerpoli­tik eine Korrektur des Ungleichge­wichts, das es etwa Trump erlaubt hat, jahrelang keine Steuern zu bezahlen, mit den Republikan­ern möglich sein.

Den größten Schaden erwartet die US-Wirtschaft in der Klimapolit­ik. Biden kann dort zwar mit Verordnung­en viel von dem wieder richten, was der Klimawande­lleugner Trump zerschlage­n hat. Aber ohne Gesetze werden die Gerichte querschieß­en, und den Unternehme­n fehlt die Rechtssich­erheit. Wie viel sollen sie in Klimaschut­z investiere­n, wenn sie nicht wissen, ob der nächste Präsident nicht alles wieder rückgängig macht? Eine gelähmte Wirtschaft­s- und Klimapolit­ik in den USA ist auch für den Rest der Welt keine gute Nachricht.

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