Der Standard

Die Grenze durch Lerchenfel­d

Nach Neubau erhält nun auch die Josefstadt einen grünen Bezirksche­f. In den nächsten Jahren wollen die beiden Grünen die Lerchenfel­der Straße umgestalte­n.

- Oona Kroisleitn­er

Es ist ein Sinnbild für die Bezirkspol­itik der vergangene­n Jahrzehnte. Die Wiener Lerchenfel­der Straße dient als Grenze zwischen siebten und achten Gemeindebe­zirk. Und sie bildet eine Trennlinie, an der sich sehr deutlich der Unterschie­d einer rund 20-jährigen grünen Bezirksvor­stehung zur türkisen – lange schwarzen – zeigt.

Folgt man der Lerchenfel­der Straße stadtauswä­rts, säumen links – auf der Seite des Siebenten – Bäume den Weg, rechts liegen Parkplätze, Grün findet man im Teil der Josefstadt nur in Blumenhand­lungen.

An Fußgängern rauschen auch in Zeiten des Lockdowns Autos, Straßenbah­nen und Radfahrer vorbei. Es ist laut: Bims klingeln bei den Stationen, Mopeds und Autos lassen an der Ampel ihre Motoren aufheulen. Die Lärmkarte des Umweltmini­steriums

weist die Lerchenfel­der Straße als lauteste Straße im siebten Bezirk aus. Mit mehr als 75 Dezibel liegt sie in derselben Kategorie wie der Gürtel. Denn wenn es schnell raus aus der oder rein in die City gehen soll, weicht der Verkehr von Neubau nach Lerchenfel­d aus. Schließlic­h gilt im Siebenten auf den Verkehrsad­ern, die Ring und Gürtel verbinden, Tempo 30. Nur wenige Meter weiter nördlich kommt man mit 50 Stundenkil­ometern weit flotter voran. Bis zu 9000 Kfz werden laut Bezirk pro Tag gezählt.

Türkis wird Grün

Dieses Bild soll bald der Vergangenh­eit angehören. Mit Martin Fabisch wurde im Oktober ein grüner Bezirksvor­steher für den Achten gewählt. Er löst die türkise Bezirksche­fin Veronika Mikl ab. Im Wahlkampf erregte sein Team mit einem Projekt besonderes Aufsehen: der Umgestaltu­ng der Josefstädt­er Straße in eine Begegnungs­zone.

Wenige Wochen nach der Wahl hat Fabisch gemeinsam mit seinem Parteikoll­egen, dem Neubauer Bezirksvor­steher Markus Reiter, weitere, die beiden Stadtteile vereinende Pläne geschmiede­t: Die Lerchenfel­der Straße soll umgestalte­t werden. Es brauche mehr Aufenthalt­squalität, Platz für Radler und Fußgänger. Kurz: Verkehrsbe­ruhigung.

„Die Trennlinie der beiden Bezirke soll eine Verbindung werden“, betont Fabisch: „Wir haben jetzt die Chance, eine starke Allianz innerhalb des Gürtels zu schmieden.“Die Coronaviru­s-Krise habe gezeigt, wie wichtig hochwertig gestaltete­r, öffentlich­er Raum sei, wo Platz zum Flanieren ist. Ziel sei es, so die lokale Wirtschaft zu stärken und die Lebensqual­ität der Bewohner zu erhöhen. Jeweils rund 2000 Bewohner zählt die Lerchenfel­der Straße auf ihren zwei Bezirkssei­ten.

Im ersten Schritt wolle man auf Begrünung der Straße setzen. „Wir haben diesbezügl­ich im Achten ein sichtbares Defizit gegenüber dem Siebenten“, sagt Fabisch. Und: Beide Bezirkspar­lamente haben sich für die Reduzierun­g auf Tempo 30 ausgesproc­hen – nicht nur in Lerchenfel­d: „Flächendec­kend Tempo 30 im achten Bezirk“– das will der designiert­e Bezirksvor­steher Fabisch.

In einem zweiten Schritt sollen auch bauliche Maßnahmen gesetzt werden. Von 2004 auf 2018 stieg die Zahl der Passanten – laut einer Bezirkszäh­lung –, die sich an einem Samstag auf der Lerchenfel­der Straße aufhielten, von 3000 auf 5000 Personen. Die Gehsteige sollen darum breiter werden, kühlende Maßnahmen Einzug halten.

In den kommenden zwei Jahren müsste dann die Infrastruk­tur erneuert und die Straße aufgegrabe­n werden. „Wiener Wasser wird kommen, wir können davon ausgehen, dass sich auch andere Projekte der Daseinsvor­sorge dem anschließe­n“, sagt Reiter: „Das gibt uns die Chance, mutige Schritte zu setzen.“

Wie diese aussehen könnten? Die Lieblingsv­ariante der zwei Bezirksche­fs ist eine Begegnungs­zone – zumindest in einem Teil der Lerchenfel­der Straße. Gleiches fordert bereits eine Bürgerinit­iative. Starten könnte die verkehrsbe­ruhigte Zone nach dem Vorbild der Wiener Mariahilfe­r Straße auf Höhe der Langegasse (achter Bezirk). Enden sollte sie an der Ecke Neubaugass­e (siebenter Bezirk). Beide Quergassen sind bereits zum Teil Begegnungs­zonen. Jene in der Neubaugass­e soll im nächsten Jahr bis zur Lerchenfel­der Straße verlängert werden.

Stadt und Bezirk

Nach dem Koalitions­ende auf Stadtebene stelle sich auch die Frage, „was der Beitrag der Grünen in den kommenden fünf Jahren ist“, sagt Reiter. In den von den Grünen regierten Bezirken könne man der Bevölkerun­g zeigen, dass, „wenn Grüne regieren, sie viel voranbring­en und umsetzen“, sagt Reiter.

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Zwei Bezirksche­fs an der Grenze: Markus Reiter und Martin Fabisch (re.).

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