Der Standard

Wie die Länder impfen wollen

Die ersten Bundesländ­er wollen Ende der Woche ihre Heimbewohn­er und die dortigen Mitarbeite­r geimpft haben. Danach sind Personen über 80, die zu Hause leben, an der Reihe. Wie und wann diese Menschen zur Impfung kommen, hängt von den Ländern ab.

- Oona Kroisleitn­er, Sebastian Fellner, Walter Müller, Markus Rohrhofer, Stefanie Ruep, Wolfgang Weisgram

Um sieben Uhr morgens hat am Dienstag ein begehrtes Gut Österreich erreicht. Rund eine Woche nachdem in Europa der zweite Corona-Impfstoff zugelassen worden war, sind die ersten 7200 Dosen des USKonzerns Moderna geliefert worden. Laut Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) kommen bis Ende Jänner weitere 10.000 Vakzine. Im ersten Quartal stehen von Moderna insgesamt 200.000 Dosen zur Verfügung. Bei zwei Stichen pro Impfwillig­en können somit 100.000 Menschen mit Moderna geimpft werden – inklusive der Impfdosen, die von Biontech/Pfizer kommen, können somit im ersten Jahresvier­tel mehr als 500.000 Menschen geimpft werden.

Die Auffassung­en darüber, wie die Impfaktion gegen das Coronaviru­s hierzuland­e läuft, gehen jedoch stark auseinande­r. Vom Fehlen einer klaren Strategie nach dem „schleppend­en, verkorkste­n, verpatzten Start“sprach etwa Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Erfreut über die beschleuni­gte Impfstrate­gie gab sich hingegen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Laut Kurz soll der Großteil der Alten- und Pflegeheim­e binnen zwei Wochen gegen Corona durchgeimp­ft sein. Tritt diese Prognose ein, wäre das Ziel für die Heime um einiges früher erreicht als bisher erwartet.

Heime prioritär

In Kärnten soll dieser Umstand sogar schon Ende dieser Woche eingetrete­n sein. Bis 14. Jänner sollen alle impfwillig­en Bewohner ihre erste Dosis erhalten. „Die Impfrate bei rund 6000 Bewohnern und 3000 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn beträgt nach derzeitige­m Stand 54 Prozent“, sagt Landesspre­cher Gerd Kurath. Auch Niederöste­rreich könnte demnächst die Heime durchgeimp­ft haben. Ende der Woche sollen dort 18.500 Impfdosen verabreich­t worden sein, sagte Landesräti­n Ulrike Königsberg­er-Ludwig (SPÖ). Salzburgs Landeschef Wilfried Hauslauer (ÖVP) ist zuversicht­lich, dass die ersten Impfungen in den Heimen nächste Woche abgeschlos­sen sind.

Länger wird die Impfung in den Wiener Heimen dauern. Erst Anfang Februar will man allen Bewohnern und Mitarbeite­rn in Wohnheimen die erste Dosis verabreich­t haben. Dosis zwei wird bis Ende Februar geimpft.

Der Impfstart in den Heimen basiert auf den Empfehlung­en des Nationalen Impfgremiu­ms.

Demnach stehen Heimbewohn­er und das dortige Personal sowie besonders exponierte­s medizinisc­hes Personal ganz oben bei der Priorisier­ung. Erst danach sollte die Gruppe der über 80-Jährigen, die noch daheim leben, folgen.

Sollte. Denn dieser Umstand sowie die Tatsache, dass ein großer Teil des bereits verfügbare­n Impfstoffe­s zu Beginn der Impfaktion nicht gleich verabreich­t wurde, hatten zu massiver Kritik geführt. Die Generation 80 plus wurde daher vom Bund vorgezogen.

Bereits diese Woche werden daher auch die ersten Personen geimpft, die älter als 80 Jahre sind, jedoch nicht in einem Pflegeheim leben. Doch mangels zentraler Anlaufstel­len und wegen der sensiblen Impfstoffe gestaltet sich die Verabreich­ung bei diesen Personen etwas komplizier­ter. Sie erfolgt in den meisten Ländern dezentral. Den Anfang macht Kärnten, wo vorerst 3900 Impfdosen für die ältere Bevölkerun­g zur Verfügung stehen.

In Oberösterr­eich wird die Gruppe 80 plus ab kommender Woche geimpft. Der Impfstoff wird auf die Bezirke verteilt, je nachdem wie viele über 80-Jährige dort wohnen. Die Bezirksver­waltungsbe­hörden entscheide­n dann, wo genau im Bezirk geimpft wird. Das soll am Donnerstag kommunizie­rt werden, sagt die Landesimpf­koordinato­rin Christina Pilsl. Bis Ende Jänner soll so ein Drittel aller Oberösterr­eicher, die älter als 80 sind, einen Schutz erhalten. Mehr sei laut Gesundheit­slandesrät­in Christine Haberlande­r (ÖVP) nicht möglich, weil zu wenige Impfdosen vorhanden seien.

Ab Februar startet auch in Salzburg die Impfung der rund 30.000 über 80-Jährigen sowie des Gesundheit­spersonals im stationäre­n und niedergela­ssenen Bereich. Hier setzt man auf die niedergela­ssenen Ärzte. Diese seien die „tragende Säule“der Aktion, sagte Haslauer. Ab 1. Februar können sich die über 80-jährigen online oder bei 1450 für die Impfung anmelden, der Hausarzt meldet sich dann.

Ganz anders geht Wien vor: Bürgermeis­ter Michael Ludwig und Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (beide SPÖ) kündigten am Dienstag sieben Impfstraße­n – analog zu jenen bei der Gratisgrip­peimpfung im Herbst – an. Spätestens ab Mitte Februar sollen dort ältere Menschen ub̈ er 80 Jahre, die zu Hause leben, eine Dosis erhalten. Warum Wien die über 80-Jährigen erst im Februar impft? „Wir impfen nach den Empfehlung­en des Nationalen Impfgremiu­ms. Wenn andere es anders machen, müssen nicht wir uns rechtferti­gen“, betonte Hacker.

Wien probt Massenimpf­ung

Eine erste große Impfaktion findet in Wien schon dieses Wochenende statt. Ärzte im niedergela­ssenen Bereich, deren Ordination­smitarbeit­er, Beschäftig­te in der mobilen Pflege, Berufssani­täter in den Rettungsdi­ensten sowie Hebammen werden vom 15. bis 18. Jänner 2021 in der Messe Wien ihre Erstimpfun­g erhalten. In einer Halle werden 14 Impfstraße­n aufgebaut, 11.000 Personen sollen in diesen Tagen ihre Impfung erhalten. Die Anmeldung erfolgt über die jeweiligen Organisati­onen. „Wir wollen sehen, wie viele Menschen wir in einer kurzen Zeit impfen können, wenn der Impfstoff zur Verfügung steht“, sagte Hacker.

Kritik kommt aus dem Burgenland. „Der Bund liefert zu wenig Impfstoff“, sagt die Sprecherin von Landeschef Hans Peter Doskozil (SPÖ). Darum könne man im Jänner die über 80-Jährigen noch nicht durchimpfe­n. „Der Kanzler weckt da Erwartunge­n, die nicht erfüllt werden könnten. So verspielt man das Vertrauen.“

Die Apothekerk­ammer warnte indes vor dem Erwerb vermeintli­cher Corona-Impfstoffe über das Internet. „Bei derartigen Angeboten kann es sich ganz klar nur um Fälschunge­n handeln“, hieß es in einer Aussendung.

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Der zweite Impfstoff, der in der EU zugelassen wurde, ist am Dienstag in Österreich angekommen. In einer ersten Tranche wurden 7200 Dosen vom US-Konzern Moderna geliefert.

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