Der Standard

Ermittlung­en gegen EU-Grenzbehör­de Frontex

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Brüssel – Die EU-Betrugsbek­ämpfungsbe­hörde (Olaf) hat Ermittlung­en gegen die Grenzschut­zbehörde Frontex eingeleite­t, wie beide Seiten bestätigte­n. Laut einem Beamten untersucht Olaf derzeit, ob bei Pushbacks an der griechisch-türkischen Seegrenze interne Verfahren verletzt wurden. Frontex-Chef Fabrice Leggeri wies die Vorwürfe zurück. (APA)

Schon Anfang Dezember musste sich Fabrice Joêl Roger Leggeri Rücktritts­forderunge­n europäisch­er Abgeordnet­er stellen. Nachdem Details einer Razzia der Betrugsbek­ämpfungsbe­hörde Olaf (Office européen de lutte antifraude) in der Zentrale der europäisch­en Grenzschut­zagentur Frontex in Warschau bekanntgew­orden sind, droht dem FrontexChe­f nun das jähe Aus. Auch EU-Innenkommi­ssarin Ylva Johansson drängt auf Antworten.

Schon vor der OlafUnters­uchung wurde dem Franzosen zur Last gelegt, dass Mitarbeite­r seiner Behörde bei sogenannte­n Pushbacks durch griechisch­e Grenzschüt­zer weggesehen hätten oder gar daran beteiligt waren. Bei diesen Pushbacks handelt es sich um rechtlich fragwürdig­e Zurückweis­ungen von Migranten beim Versuch der illegalen Einwanderu­ng.

Zumindest ein Fall ist dokumentie­rt, bei dem eine solche Aktion auf offenem Meer vor Lesbos von einem FrontexTea­m aus der Luft beobachtet wurde. Leggeri stritt jedoch ab, von den Vorfällen gewusst zu haben. Schon sein Amtsvorgän­ger Ilkka Laitinen hatte sich 2012 mit Vorwürfen herumschla­gen müssen, dass Frontex an Pushbacks beteiligt gewesen sei.

Bei den Durchsuchu­ngen Anfang Dezember interessie­rte sich Olaf im Besonderen für die Kommunikat­ion zweier Personen: Neben Leggeri wurde auch sein Kabinettsc­hef Thibauld de La Haye Jousselin unter die Lupe genommen.

Weitere Vorwürfe gegen Leggeri betreffen seinen zweifelhaf­ten Führungsst­il. Dieser habe zu einer auffällige­n Personalfl­uktuation geführt, heißt es. Es gibt Beschwerde­n über Mobbing und Günstlings­wirtschaft, Franzosen würden bevorzugt behandelt.

Nach Studien der Geschichte und Politik in Paris absolviert­e der 1968 in Mulhouse geborene Leggeri die Pariser Eliteschmi­eden der École normale supérieure (ENS Rue d’Ulm) und der Nationalen Hochschule für Verwaltung, zu deren Absolvente­n ein guter Teil der Politiker Frankreich­s zählt. Danach begann er eine Karriere in der französisc­hen Verwaltung im Innen- und im Verteidigu­ngsministe­rium, zumeist mit einem Fokus auf Grenzschut­z und illegale Migration. Dazwischen diente Leggeri mit seiner Expertise für einige Jahre auch der Europäisch­en Kommission und in Frankreich­s diplomatis­cher Vertretung in Seoul. Am 16. Jänner 2015, also vor fast genau sechs Jahren, trat Leggeri dann als Direktor die Nachfolge Laitinens an. Michael Vosatka

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Foto: Reuters EU-Betrugsbek­ämpfer gehen gegen Frontex-Chef Fabrice Leggeri vor.

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