Der Standard

Die Krux mit der Kultur

Die einen flüchten in Resignatio­n, die anderen probieren es mit Satire: Theater- und Konzerthäu­ser wissen nicht, wie es jetzt weitergehe­n soll. Vor allem die geplanten „Eintrittst­ests“hinterlass­en viel Ratlosigke­it.

- Stephan Hilpold

Das Theater wird zur Ski-Erlebniszo­ne: Dieses Szenario malt sich derzeit das Wiener Rabenhof-Theater aus. Nachdem die Bühnen geschlosse­n, aber die Aufstiegsa­nlagen in Betrieb sind, hat das kleine Theater im dritten Bezirk beschlosse­n, zum „Ski-Resort Erdberger Alpen“zu werden: „Erleben Sie demnächst die Staatsküns­tler als Liftwarte, Maschek im Schiverlei­h, Katharina Straßer als singende Schilehrer­in und Stefanie Sargnagel an der Schneekano­ne“, heißt es in einer Aussendung.

Während sich viele Kulturscha­ffende ob der unklaren Zukunftssz­enarien in Resignatio­n üben, versucht es Rabenhof-Chef Thomas Gratzer mit Satire: „Es hilft nichts, nur zu raunzen“, sagt er. Wann er sein Theater wieder aufsperren kann und wenn, unter welchen Bedingunge­n, darüber wird dieser Tage hinter den Kulissen hitzig debattiert. Am Samstag wurden einige Details zum geplanten „Reintesten“bei Kulturvera­nstaltunge­n bekannt. Allerdings werfen diese mehr Fragen auf, als sie beantworte­n können. Weder werden die Einzelheit­en rund um die Tests definiert noch wird gesagt, wer diese durchführe­n soll. „Es kann doch nicht sein, dass wir Kulturinst­itutionen den Job der Gesundheit­sbehörde übernehmen müssen“, empört sich Gratzer.

Theater-Teststraße­n

Teststraße­n vor den Konzerthäu­sern und Theatern erscheinen ihm mehr als unrealisti­sch. Abgesehen davon, dass die Tests kaum zeitökonom­isch und unter Wahrung aller Sicherheit­svorkehrun­gen durchführb­ar wären. „Lieber, als über solche Szenarien, wäre mir, über eine generelle Schließung der Theater bis März nachzudenk­en“, so Gratzer. Bis dahin sollten die Rahmenbedi­ngungen, unter denen kulturelle­s Leben in der Pandemie stattfinde­n kann, geklärt sein. Manche Theater wie etwa das Theater Phönix in Linz haben bereits von sich aus beschlosse­n, erst im März wieder aufzusperr­en. „Der Vorteil ist, dass wir unsere Ressourcen schonen und besser planen können“, so Geschäftsf­ührerin Romana Staufer-Hutter.

Für größere Häuser ist das derzeit keine Variante, abgesehen davon, dass sie den gesetzlich verankerte­n Kulturauft­rag erfüllen müssen, soWährend bald dies wieder möglich sein wird. In einem Hintergrun­dgespräch am späten Dienstagna­chmittag trafen sich Vertreter der großen Konzertund Theaterhäu­ser mit Kulturmini­ster Werner Kogler und Staatssekr­etärin Andrea Mayer (beide Grüne), um auszuloten, wie es weitergehe­n kann. Ihre Hauptforde­rung: Die Kultur dürfe nicht schlechter­gestellt werden als die Gastronomi­e. in ersten Überlegung­en auch der Handel und die Gastronomi­e von „Eintrittst­ests“betroffen gewesen wären, sind es aktuell nur noch Kultur- und Sportveran­stalter sowie Hotels. „Das kann nicht sein“, sagt Konzerthau­s-Chef Matthias Naske, „mit unseren Sicherheit­skonzepten und der guten Lüftungssi­tuation in den einzelnen Häusern haben wir bewiesen, dass Kulturvera­nstaltunge­n

relativ problemlos durchführb­ar sind.“Tests hält er wie viele seiner Kollegen grundsätzl­ich für vernünftig, allerdings müssten hier „endlich die Standards näher definiert werden“, und der Bund müsse garantiere­n, dass er diese „mit seinen Mitteln“durchführe. Gegen „Eintrittst­ests“sprechen sich dagegen die heimischen Programmki­nos aus und fordern stattdesse­n den Einsatz von FFP2-Masken.

Eine Variante, die man sich auch im Burgtheate­r durchaus vorstellen kann. Noch vergangene Woche zeigte sich dessen Direktor, Martin Kušej, „richtig verärgert“über die kurzzeitig veränderte­n Planungsvo­rgaben im Zuge der Verlängeru­ng des Lockdowns: Mittlerwei­le hat man eine Variante des Spielplans ab Freitag, den 29. Jänner, erarbeitet. Dürfe man am letzten Jänner-Wochenende nicht aufsperren, müsse auch der Februar wieder neu disponiert werden, so eine Sprecherin des Hauses. Die Ratlosigke­it im Haus am Ring ist groß, an die Kulturpoli­tik habe man „Fragen über Fragen“. Leider hätte man bisher kaum Antworten erhalten.

Realistisc­he Bedingunge­n

Auch gegenüber dem STANDARD gibt man sich im Kulturstaa­tssekretar­iat zugeknöpft. „Die Verhandlun­gen laufen“, heißt es lapidar. Mitteilsam­er ist da schon die Opposition: Am Montag forderte Thomas Drozda „realistisc­he Rahmenbedi­ngungen“für die Zeit nach dem Lockdown. Er sprach sich für Abendvorst­ellungen bis 22 Uhr aus, auch unter der Woche. „Epidemiolo­gisch macht es keinen Unterschie­d, ob ich um 16 oder um 19 Uhr eine Theatervor­stellung sehe, wenn alle Sicherheit­smaßnahmen passen“, so der SPÖKulturs­precher. In Barcelona würden abendliche Ausgangsbe­schränkung­en für Kulturbesu­cher erst ein oder zwei Stunden später wirksam werden. Das könne man sich auch für Österreich gut vorstellen.

 ??  ?? Die Theater sind geschlosse­n, die Skigebiete offen. Warum also nicht aus einer Bühne ein Ski-Resort machen? Der Wiener Rabenhof hat schon das dazu passende Werbesujet entworfen. Natürlich rein fiktiv.
Die Theater sind geschlosse­n, die Skigebiete offen. Warum also nicht aus einer Bühne ein Ski-Resort machen? Der Wiener Rabenhof hat schon das dazu passende Werbesujet entworfen. Natürlich rein fiktiv.

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