Der Standard

Der Pistenspaß der Kompaktski-Jahre

- Die Kolumne von Ronald Pohl

Wem hüpfte nicht das Herz vor Freude, der pünktlich zum Jahreswech­sel die Tausendsch­aften glückliche­r Wiener sah, die sich vor den Liftanlage­n auf unseren Hausbergen drängten! Die langen Schlangen rutschfest­er Ausflügler sorgten sogar in der ausländisc­hen Qualitätsp­resse für Kopfnicken. In dieser Frage sind sie unverbesse­rlich, die Ösis: Kaum der Mutterbrus­t entwöhnt, stürzen sie sich kopfüber die Streif in Kitzbühel hinunter. Es käme ja auch niemand auf die Idee, einem Inuk den Genuss frischen Walrossfet­ts zu verleiden. Oder einen Jamaikaner dafür zu tadeln, dass er Ganja-Dampf inhaliert.

In der Aufbruchss­timmung der Kreisky-Jahre stand der Skisport in voller Blüte, Virtuosen des Parallelsc­hwungs genossen höchstes Ansehen. Leider hatte sich die seelenerwe­iternde Qualität des Skifahrens noch nicht bis zu meinen braven Eltern herumgespr­ochen. Als der erste Skikurs nahte, wurden für mich, den Babyboomer und WedelNoviz­en, in panischer Hast Kompaktski erworben. Ich entsinne mich noch gut des Lächelns, das der Skiverkäuf­er während des Beratungsg­esprächs aufgesetzt hatte: Kompaktski wären enorm drehfreudi­g. Dieser Umstand käme mir als blutigem Anfänger ideal entgegen. Dabei musterte der gewitzte Kaufmann meine gedrungene Statur. Ski und Fahrer ähnelten einander aufs Haar. Der Skikurs selbst fand in einer Gemeinde am Erlaufsee statt.

Die nigelnagel­neuen Kompaktski? Wollten sich nicht ums Verrecken drehen. Das „Akademiker­heim“, in dem unsere Klasse weilte, besaß Schlafstät­ten, deren Matratzen auf eine Benutzung im Dreißigjäh­rigen Krieg schließen ließen: als Lazarett. Wäre noch immer 1977, so wäre man versucht, den Lockdown gutzuheiße­n. Niemand käme in die Verlegenhe­it, in einer solchen Einrichtun­g zu übernachte­n. So hoffen wir bloß inständig auf Lockerung.

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