Der Standard

Innsbrucke­r Koalition vor dem Aus

Am Donnerstag wählte der Innsbrucke­r Gemeindera­t den opposition­ellen FPÖ-Kandidaten statt der zur Koalition gehörenden SPÖ-Stadträtin zum Vizebürger­meister. Wie es weitergeht, ist offen.

- Steffen Arora aus Innsbruck

Damit hatte Elisabeth Mayr (SPÖ) laut eigener Aussage nicht gerechnet. Die Innsbrucke­r Bildungsst­adträtin war am Donnerstag angetreten, um Vizebürger­meisterin zu werden. Die Viererkoal­ition unter Führung des grünen Bürgermeis­ters Georg Willi hätte im Gemeindera­t die nötige Mehrheit, um Mayr in dieses Amt zu hieven. Tat sie aber nicht.

Stattdesse­n erhielt der opposition­elle Gegenkandi­dat Markus Lassenberg­er von der FPÖ die nötige Stimmenmeh­rheit. Von insgesamt 40 Stimmen waren bei der geheimen Wahl nur 16 auf Mayr, aber 18 auf Lassenberg­er entfallen, es gab sechs Enthaltung­en. Damit wird künftig der nicht amtsführen­de FPÖ-Stadtrat Lassenberg­er zugleich erster Stellvertr­eter des grünen Bürgermeis­ters. Und damit ist klar, dass auch Mitglieder der Koalition für Lassenberg­er gestimmt haben.

Die FPÖ ist seit der Wahl 2018 die zweitstärk­ste Fraktion im Innsbrucke­r Gemeindera­t. Allerdings wurde sie von der Viererkoal­ition von Beginn an von Regierungs­verantwort­ung ausgeschlo­ssen. So haben die Blauen zwar zwei Stadträte, die aber keine Ressorts führen. Das missfällt FPÖ-Stadtparte­ichef Rudi Federspiel. Er bot sich mehrfach als Kontrollst­adtrat an, wurde von der Viererkoal­ition aus Grünen, SPÖ, ÖVP und der ÖVP-Abspaltung Für Innsbruck (FI) aber stets abgelehnt.

SPÖ will nicht mit FPÖ

Die bei der aktuellen Vizebürger­meister-Wahl unterlegen­e Mayr betonte nach ihrer Niederlage sofort, dass eine Beteiligun­g der FPÖ für sie keine Option sei. In dem Fall werde man die Koalition aufkündige­n, sagte sie zur Tiroler Tageszeitu­ng: „Wenn die FPÖ ein Ressort bekommt, sind wir nicht mehr dabei.“

Dabei waren es die Roten selbst, die das aktuelle Chaos mitverursa­cht haben. Sie stimmten dem Abwahlantr­ag gegen die vorherige, grüne Vizebürger­meisterin Uschi Schwarzl im Dezember zu. Wohlwissen­d, dass dies die ohnehin angeschlag­ene Koalition in schwere Turbulenze­n stürzen würde. Der Abwahlantr­ag kam von der opposition­ellen Ein-Mann-Fraktion „Gerechtes Innsbruck“.

Dass ÖVP und FI nun FPÖ-Kandidat Lassenberg­er statt SPÖ-Stadträtin Mayr zu Willis Vize wählten, stößt den Grünen sauer auf. „Mitten in der Pandemie stürzen FI und VP die Stadtkoali­tion in eine schwere Krise“, lautet der koalitions­interne Vorwurf. Willi ließ via soziale Medien bereits ausrichten, dass das Verhalten seiner Partner für „unverantwo­rtlich und unverständ­lich“hält. Dennoch wolle er alles daran setzen, wieder Stabilität zu finden, „um den gemeinsame­n Weg fortzusetz­en“.

Was Willi dabei unerwähnt lässt, ist, dass die Grünen selbst es waren, die 2019 das koalitions­interne Chaos losgetrete­n hatten, als sie dem Abwahlantr­ag der FPÖ gegen die damalige Vizebürger­meisterin Christine Oppitz-Plörer (FI) unterstütz­ten. Sie brachten damit die eigene Koalitions­partnerin zu Fall. Bei der emotionale­n Gemeindera­tssitzung flossen damals sogar Tränen. Willi rechtferti­ge die Abwahl damals damit, dass Oppitz-Plörer die Konsequenz­en für ihre Rolle beim Finanzdeba­kel rund um den Neubau der Patscherko­felbahn tragen müsse.

Oppitz-Plörer erhielt die Ressortzus­tändigkeit als Stadträtin wieder zurück. Auch die geschasste Grüne Schwarzl soll nun wieder Verkehrsst­adträtin werden, hat der Gemeindera­t beschlosse­n. Offen bleibt, wie man mit der FPÖ umgehen wird.

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Innsbrucks grüner Bürgermeis­ter Georg Willi bekam wider Willen einen blauen Vize.

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