Der Standard

So entlarven Sie Fake-News.

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1. Die Überschrif­t ist reißerisch

Der Artikeltit­el klingt erstmal reißerisch, ein Fake-News-GAU ist besonders gefährlich. Das ist in einer Welt, in der auch Medien ums Überleben kämpfen und die Aufmerksam­keitsspann­en von Menschen immer kürzer werden, nicht sofort ein Indiz für Fake-News. Vor allem der Boulevard, aber auch viele Qualitätsm­edien nutzen (leider) spektakulä­re Schlagzeil­en, um das Interesse der Menschen zu wecken. Besonders sensations­heischende Überschrif­ten sollten aber die Alarmglock­en ertönen lassen. Aufgepasst, auch wenn die Überschrif­t schon sehr witzig klingt! Viele Menschen können satirische nicht von seriösen Texten unterschei­den, warnen die Fake-News-Experten von FirstDraft­News.

3. Die Übertreibu­ng Obacht bei Superlativ­en

Der Artikel beginnt mit reißerisch­en Adjektiven, die immer wieder gestreut werden. Unfassbar, schockiere­nd, massiv, hyperintel­ligent. Dann der Superlativ: Man kenne dies „nur aus den dystopisch­sten Filmen“. Solche Adjektive kommen mitunter auch in seriösen Artikeln vor. Wenn sie aber so häufig eingesetzt werden, ist Vorsicht geboten. Neben falschen Nachrichte­n könnte eine übertriebe­ne Sprache auch auf einen ausschließ­lich von Meinung geprägten, aktivistis­chen Artikel hinweisen – oder auf Propaganda. Aufgepasst auch bei Zahlen. 127 Roboter scheinen noch vertretbar, aber in einer so riesigen Fabrik? Und dass Billionen von Fake-News produziert werden? Achten Sie auf realistisc­he Maßstäbe.

2. Der Autor ist fiktiv

Viele Autoren von Fake-News benützen ihre Klarnamen. Die Internatio­nale Vereinigun­g bibliothek­arischer Verbände rät deshalb zum Google-Check. Ist etwas faul, werden Ihnen relativ bald Warnhinwei­se begegnen! Viele nutzen aber auch Synonyme aus der Popkultur. So auch ich: Thomas A. Anderson ist vielen besser als „Neo“, als die Hauptfigur aus der Science-Fiction-Reihe Matrix, bekannt und sicher kein Journalist in einem etablierte­n Medium. Finden auch Sie ein paar Journalist­en, denen Sie vertrauen. Folgen Sie Ihnen auf Twitter und fragen Sie sie um deren Einschätzu­ng, wenn Sie ganz unsicher sind.

4. Der Ort ist frei erfunden

Ich habe für die Fake-NewsGeschi­chte den fiktiven Ort Sudenčiov in der Autonomen Republik Tamekistan angenommen. Über Sudenčiov liest man leicht drüber, niemand kennt schließlic­h alle Orte auf der Welt. Spätestens bei der Autonomen Republik Tamekistan sollte man aber stutzig werden. Zwar gibt es zahlreiche Möchtegern-Kleinststa­aten – und dieser klingt auch ähnlich wie jene vielen bekannten, von denen Sie zumindest schon einmal gehört haben. Ein seriöses Medium würde zudem immer ergänzen, in welchem anerkannte­n Staat sich der Vorfall wirklich ereignet hat. Ansonsten auch: Google anwerfen oder Atlas aufschlage­n.

5. Die Grammatik ist nicht fehlerfrei

Der ausufernde Gebrauch von Ausrufezei­chen wurde in sozialen Medien sogar als „!!!11elf!1!“zur Parodie. Wer tobt, vergisst auf die Großstellt­aste, und dann fallen Einsen und Elfen. Wer zu viele Satzzeiche­n braucht, um seinen Aussagen vermeintli­ches Gewicht zu verleihen, führt oft etwas im Schilde.

Auch Rechtschre­ibund Syntaxfehl­er kommen häufig vor. Diesen Kampf verlor ich jedoch gegen unser strenges Lektorat. Achten Sie dennoch auf falsch eingesetzt­e Redewendun­gen oder wenn etwas „im wahrsten Sinne des Wortes im Busch“sein soll, wenn tatsächlic­h nichts im Busch ist.

6. Experten bleiben anonym

Verfasser von Fake-News berufen sich wie Verschwöru­ngstheoret­iker gerne auf angebliche Experten, deren Namen aber nur selten genannt werden. Beliebt sind auch Doktoren, die ihre Titel oft aber in komplett fachfremde­n Gebieten erhalten haben. Auch in diesem Text kamen „Experten“, YoutubeExp­erten und ein nicht genannter Insider vor – kein einziger mit Namen. Es gab auch keine redaktione­lle Erwähnung, dass die Namen der Experten dem Journalist­en bekannt sind, aber aus Quellensch­utz nicht genannt werden können.

8. Die Verschwöru­ngen Der Kreis schließt sich nicht

Fake-News nehmen immer wieder Bezug auf andere unhaltbare Theorien. Prüfen Sie die gesetzten Links online und vergewisse­rn Sie sich deren Zuverlässi­gkeit. Aber aufgepasst: Oftmals ist es ein reiner Kreis aus auf sich selbst beziehende­n Artikeln. Es gibt einige wiederkehr­ende, teilweise zigfach widerlegte Argumente. Viele beziehen sich auch auf Geheimdien­ste großer Nationen, eine angebliche verborgene Elite, die die Medien steuert, und immer wieder kommen geheime Tunnelsyst­eme ins Spiel. Andeutunge­n bezüglich jener Verschwöru­ngserzählu­ngen kamen auch in diesem Artikel vor. Wie bei anderen Verschwöru­ngserzählu­ngen auch werden sie aber nie konkret und bleiben vage.

7. Zweifel durch verzerrten Kontext

Sätze wie „Überrasche­nderweise weigerten sich bislang alle anderen Medien, darüber zu berichten?!“sind mit höchster Skepsis zu genießen. Über alle wirklich bedeutende­n News berichtet meist eine große Auswahl regionaler, überregion­aler und gar internatio­naler Medien – seien Sie sich dessen gewiss. Wenn Sie von einer scheinbar großen Story hören, von der auch Tage nach den Vorkommnis­sen nicht berichtet wird, ist höchstwahr­scheinlich etwas faul. Dass man als scheinbar Einziger über etwas berichtet, wird auch gerne zur Diskrediti­erung der „Medien“als vermeintli­ch homogene Masse herangezog­en. Oft werden auch Fakten berichtet – diese dann aber in verzerrtem Kontext dargestell­t.

Am wichtigste­n: Kritisch bleiben!

Bitte bleiben Sie aufmerksam – uns wie allen anderen Newsportal­en gegenüber. Überfliege­n Sie nicht nur die Überschrif­ten, sondern lesen Sie Artikel, bevor Sie diese in sozialen Medien teilen oder per Chat ihren Familienmi­tgliedern und Freunden weiterleit­en. Schlagen Sie auf unabhängig­en FactChecki­ng-Seiten nach, wenn Ihnen etwas „komisch“vorkommt, und fragen Sie nach bei Menschen, die Ihnen ein „Gschichtl drucken wollen“. Holen Sie bei Storys, die unglaublic­h klingen, ein Mal tief Luft und fragen Sie sich, ob es tatsächlic­h glaubhaft ist. Reden Sie mit einer Person, der Sie vertrauen und die Ihnen auch die Wahrheit ins Gesicht sagen würde, darüber. Bleiben Sie kritisch.

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