Beuys als Politiker
Nachdem bei den Demonstrationen gegen den Besuch des persischen Schahs 1967 der Student Benno Ohnesorg erschossen wurde und Rudi Dutschke von einem „politischen Mord“sprach, war für Beuys der Zeitpunkt gekommen, sich politisch einzumischen. Aus öffentlichen Gesprächsrunden an der Kunstakademie in Düsseldorf, an der er seit 1961 lehrte, gründete er die Deutsche Studentenpartei als proeuropäischen Zusammenschluss, die er auch als eigenständiges Kunstwerk bezeichnete.
Jeder Mensch sei Gestalter der Zukunft, war Beuys überzeugt. „Die Zukunftsgestaltung am sozialen Ganzen ist der allerhöchste Kunstbegriff, da ist jeder Mensch betroffen“, sagte er 1984 in einem Kunstforum-Interview.
Beuys wollte die Gesellschaft durch Kunst demokratisieren, die politische Arena schien ihm die geeignete Bühne dafür. Später war er an der Gründung der Partei der Grünen in Deutschland beteiligt, die 1979 erstmals für das Europaparlament kandidierten. Ein von ihm gestaltetes Plakat – mit Hasen – wurde zur Wahlwerbung.
Bereits früh wies Beuys auf die drohende ökologische Krise hin und trat dafür ein, dass auch Pflanzen und Tiere ihr eigenes Rechtssystem verdienen würden. Obwohl er später noch als Spitzenkandidat der Liste Nordrhein-Westfalen für den Bundestag antrat, entfernte sich Beuys Mitte der 80er von der Partei. „Die Grünen sind stinklangweilig geworden“, befand er.
Naturmaterialien spielten in den Kunstwerken des vielfachen Documenta-Teilnehmers eine bedeutende Rolle: Für eine seiner bekanntesten Aktionen ließ Beuys zur Documenta 7 im Jahr 1982 ganze 7000 Eichen und je eine Basaltstele im Stadtraum von Kassel pflanzen – mit der sozialen Plastik griff Beuys nachhaltig in die Umgebung ein:
Nach fünf Jahren wurden die Eichen der Stadt geschenkt und 2004 unter Denkmalschutz gestellt. Über die Jahre schrieben sie sich als Kunstwerk in das Stadtbild ein. Bis heute erinnern sie an ihren Förderer und sein so aktuelles Werk. (kr)