Bombengeschäft mit bunten Zuckerln
Den Namen der Bundeskanzlerin zu verniedlichen war ein Akt männlicher Ignoranz.“
Es war nicht nur ein Fettnäpfchen, das der deutsche Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, in seinem ersten Clubhouse-Meeting mit Pauken und Trompeten mitnahm. Neben seinem „Merkelchen“-Sager, für den er sich kurz darauf auf der Nachrichten-Plattform Twitter entschuldigte, gab er auch recht unverblümt zu, dass er während der Konferenzen mit der Kanzlerin zur CoronaKrise das Handy-Game Candy Crush spielte.
Von dem britischen Entwicklerstudio King 2012 geschaffen, protzt das Gratisspiel seitdem mit konstant hohen Nutzerzahlen. 46 Millionen Menschen spielen monatlich dieses kurzweilige Spiel, bei dem man Süßigkeiten zu Ketten formt, welche dann in bunten Explosionen das Punktekonto des Spielers erhöhen. Besonders fordernd ist das nicht. Vielmehr geht es um das fast automatisierte Drücken von bunten Knöpfen. Den modernen Blick ins Narrenkastl könnte man das nennen.
Den Entwickler King Digital Entertainment freut es, konnte er doch 2018 dank Candy Crush und der beiden Nachfolger täglich (!) über drei Millionen Euro umsetzen. 2019 verdoppelte die britische Tochter des US-Konzerns Activision Blizzard den Jahresumsatz auf zwei Milliarden Euro.
Jetzt könnte man sich fragen, wie man mit einer Gratis-App so viel Geld verdienen kann. Ohne den Einwurf von Geld kann man Candy Crush nur so lange spielen, bis man durch das Überschreiten diverser Zeitlimits die verfügbaren Leben aufgebraucht hat. Das geschieht einigermaßen flott, ist das Spiel doch primär auf dem Faktor Glück aufgebaut. Nun schlägt Candy Crush vor, dass man entweder das Spiel pausieren muss oder aber ein paar Cents einwirft und einfach weitermachen kann. Diese sogenannten Mikrotransaktionen sind für viele Spieler offenbar eine sehr niedrige Hürde, und deshalb ist dieses Modell auch so erfolgreich. Die paar Cents kann sich doch schließlich jeder leisten, oder?
Dieser pfiffige – andere würden sagen tückische – Mechanismus ist heute für einen Großteil des Umsatzes in der Games-Branche verantwortlich. Auch deshalb, weil manche Spieler besonders viel Geld einwerfen. 2020 machte ein hiesiger Ex-Vizekanzler Schlagzeilen, weil er in das ebenfalls populäre Clash of Clans satte 3000 Euro investiert hatte. Das Geld für seine Spielleidenschaft entnahm er der Parteikasse. Das ist weniger männliche Ignoranz als vielmehr eine Frechheit. Alexander Amon