Wenn die Republik für Auslandsgeschäfte interveniert
Bezüglich einer Spende und eines Problems in Italien wandte sich Ex-Novomatic-Chef Neumann einst an den heutigen Finanzminister. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Dass die Republik bei Problemen im Ausland hilft, ist nicht neu.
Eine SMS von Ex-NovomaticChef Harald Neumann hat jüngst Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) ins Visier der Wirtschaftsund Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gerückt. Der Glücksspielmanager bat den damals nicht amtsführenden Stadtrat im Sommer 2017 um einen Termin mit Sebastian Kurz, „erstens wegen Spende und zweitens bezüglich eines Problemes (sic), das wir in Italien haben“. Die Korruptionsjäger vermuten Bestechung, Blümel bestreitet das, und es gilt die Unschuldsvermutung.
Dass ein Konzernchef Kontakt zum Außenminister sucht – das war Sebastian Kurz damals –, ist üblich. Das Ressort sieht die Unterstützung heimischer Unternehmen „bei der Wahrung ihrer Rechte und Interessen“als eine Kernaufgabe. Dass der Bund einem österreichischen Unternehmen bei Problemen im Ausland helfe, sei weder neu noch verwerflich, wie Juristen und Außenministerium betonen. Es sei sogar seine Aufgabe.
Zum diplomatischen Werkzeugkasten gehört dabei laut Außenressort, „sich mit allen rechtmäßigen Mitteln über Verhältnisse und Entwicklungen im kommerziellen, wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Leben des Empfangsstaats zu unterrichten“und den betroffenen Personen oder Unternehmen Beistand zu leisten. Auch bei strittigen Rechtsvorhaben eines Gastlandes würde man Unternehmen
unterstützen und beraten. Was dabei zulässig ist, definiert das Recht. „Solange eine Intervention im Ausland oder in Österreich nicht gegen das Strafrecht verstößt, ist sie strafrechtlich gesehen auch nicht problematisch. Vor allem, wenn sich offizielle Vertreter Österreichs nach einer Sache erkundigen oder bitten, sich ein Problem eines heimischen Unternehmens noch einmal anzusehen“, erklärt Robert Kert, der dem Institut für Wirtschaftsstrafrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien vorsteht. „Es gibt aber auch Grenzen: zum Beispiel, wenn ein Beamter versucht, eine rechtswidrige Handlung anzuordnen, oder um einen Rechtsbruch bittet, wie zum Beispiel hinterzogene Steuern nicht nachzufordern.“
Mozart für die Wirtschaft
Der Bund versucht sich auch als Brückenbauer für Geschäfte im Ausland. Steht ein Staatsbesuch an, können sich Unternehmen über die Wirtschaftskammer (WKO) für die Mitreise bewerben und Teil der Delegation werden. Die Außenwirtschaftscenter der Interessenvertretung organisieren oft ein wirtschaftliches Rahmenprogramm, bei dem sich heimische Betriebe vernetzen können – und im besten Fall Geschäfte an Land ziehen.
Im April 2018 machte sich beispielsweise eine rot-weiß-rote Riesendelegation auf den Weg nach China. Bundeskanzler, Bundespräsident, vier Minister und Vertreter von mehr als 150 Unternehmen formten die größte Delegation der Geschichte Österreichs. Sogar eine sieben Jahre alte Violinistin ließ man einfliegen. Auf einer Geige, die dereinst Wolfgang Amadeus Mozart gehörte, gab sie österreichisches Kulturgut zum Besten. Unterm Strich signierten die rot-weiß-roten Vertreter im Reich der Mitte Verträge über rund 1,5 Milliarden Euro.
Auch die deutsche Regierung setzt sich immer wieder für deutsche Unternehmen im Ausland ein. Für Kritik sorgte beispielsweise das Werben der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel für den inzwischen insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard, als sie im September 2019 in China weilte. Merkel habe die geplante Übernahme des chinesischen Betriebs All Score Financial durch Wirecard angesprochen. Wie ein Regierungssprecher später sagte, habe sie zu dem Zeitpunkt aber nichts von dem Milliardenbetrug des Konzerns gewusst.
Für heimische Beamte gelten auch im Ausland Regeln. Wer versucht zu bestechen, ist strafbar. „Auch wenn heimische Beamte im Ausland tätig werden, unterliegen sie dem österreichischen Recht“, sagt Kert mit Verweis auf Auslandsbestechung. Korruption und Bestechung im Ausland würden aber eher selten strafrechtlich verfolgt.
Strategische Ziele
Das liegt wohl auch daran, dass der Republik durch Interventionen im Ausland nicht immer ein Schaden entsteht. Im Gegenteil: Die rotweiß-rote Außenwirtschaftsstrategie sieht etwa vor, heimische KMU an internationale Märkte heranzuführen. Bei der Ausgestaltung und Umsetzung handelspolitischer Maßnahmen sei auf die Anforderungen von KMU besonders zu achten. In strategisch wichtigen Märkten will man die österreichische Präsenz gezielt fördern und dafür nicht nur auf Besuchsdiplomatie setzen, sondern auch „politische Unterstützung auf Regierungsebene gezielt einsetzen“.
Aber zurück zum Anfang: Was war eigentlich das Problem der Novomatic in Italien? Die italienische Finanzbehörde hinterfragte 2017 die Höhe von Lizenzgebühren, die Novomatic Italia für die Nutzung von Software an die österreichische Konzerngesellschaft zahlte. Laut WKStA ging es um 50 bis 60 Millionen Euro. Letztlich musste Novomatic gut 20 Millionen Euro an Steuern nachzahlen.
„Für strategische Großprojekte erfolgt auch ad hoc gezielte politische Unterstützung.“Aus der 2018 beschlossenen Außenwirtschaftsstrategie