Der Standard

Scheinbar Bargeld

Münzen und Geldschein­e passen immer weniger in eine zunehmend digitalisi­erte Welt. Daher brütet die EZB an einer digitalen Ergänzung zum Bargeld, dem E-Euro. Allerdings gibt es Einschränk­ungen.

- Alexander Hahn

Grünes Licht gibt es dafür offiziell zwar noch nicht, aber im Frankfurte­r Hauptsitz der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) rauchen längst die Köpfe. Es geht um den sogenannte­n E-Euro, also gewisserma­ßen um die Digitalisi­erung des Bargelds. Entscheide­n über eine mögliche Einführung wird der EZB-Rat, oberstes Beschlusso­rgan der Währungshü­ter, zwar erst zur Jahresmitt­e – es wirkt hinter den Kulissen aber so, als wären die Würfel längst gefallen. Notenbank-Chefin Christine Lagarde rechnet etwa mit der Einführung des E-Euro in den nächsten Jahren, wie sie im Jänner erklärte.

Aber was will die EZB mit einer digitalen Ausgabe des Euro bezwecken? Grundsätzl­ich soll er wie Bargeld funktionie­ren, nur eben digital. Aufbewahrt wird er in einer elektronis­chen Geldbörse wie die Kryptowähr­ung Bitcoin, an die ein digitaler Euro technisch angelehnt wäre. Jedoch soll der E-Euro Münzen und Geldschein­e ergänzen, nicht ersetzen, heißt es von der EZB. Anders als bei Bitcoin und Co würde die Notenbank allerdings auch den digitalen Euro kontrollie­ren.

Dies weckt natürlich Ängste vor völliger Transparen­z und Überwachun­g, wenn eine Behörde im Grunde über alle Transaktio­nen der Bürger verfügen könnte. Das zeigen auch vorläufige Ergebnisse eine Onlineumfr­age der EZB, der zufolge bei den geforderte­n Eigenschaf­ten eines möglichen E-Euro die Wahrung der Privatsphä­re bei Zahlungen ganz oben steht. Konkret gaben dies 41 Prozent der Befragten an, gefolgt von Sicherheit mit 17 Prozent und einer paneuropäi­schen Reichweite, die für jeden Zehnten wichtig ist. Eine detaillier­te Analyse der Ergebnisse will die Notenbank im Frühjahr präsentier­en.

Privatsphä­re nötig

Im Alltag würde der E-Euro mit dem gänzlich anonymen Bargeld im Wettbewerb stehen. Daher wird die Notenbank den Bürgern also ebenfalls ein gewisses Maß an Privatsphä­re gewähren müssen, damit der E-Euro die entspreche­nde Akzeptanz findet. „Wir brauchen 100-prozentige Sicherheit und ein vernünftig­es Konzept, das braucht Zeit“, sagt EZB-Direktor Fabio Panetta. Und er fügt im Nachsatz hinzu: „Wir werden niemanden dazu zwingen, mit dem digitalen Euro zu zahlen.“

Vielmehr soll der Nutzen eines digitalen Euro überzeugen. Ein hohes Maß an Privatsphä­re wäre etwa ein Vorteil gegenüber manchen anderen Bezahlmeth­oden. Kartenunte­rnehmen wie Mastercard oder Visa sowie die Bezahldien­ste von Google oder Apple können das Einkaufsve­rhalten ihrer Nutzer bereits jetzt analysiere­n.

Aber wenn Bürger künftig viele Bezahlunge­n mit dem E-Euro direkt über die EZB laufen lassen, fällt dann nicht für klassische­n Banken Geschäft weg? Diese Befürchtun­g teilt Panetta nicht. „Wenn die Menschen einen Teil ihres Bargelds in den digitalen Euro umwandeln, verlieren die Banken dadurch keine Einlagen“, sagt er. Zudem will die EZB dem Horten digitaler Euro ohnedies unterbinde­n, sie sind nämlich nicht zum Sparen, sondern für den Konsum gedacht.

„Wir könnten Bestände an digitalem Euro nur bis zu einem gewissen Grenzbetra­g erlauben oder durch Verzinsung ab diesem Betrag unattrakti­v machen“, erklärt Panetta. Als mögliche Obergrenze gelten 3000 Euro, was aber ein gravierend­er Unterschie­d zu Bargeld wäre. Allerdings ist vieles in der Ausgestalt­ung offen, zumal das Projekt noch nicht offiziell auf Schiene ist.

Unter Zugzwang

Allerdings sind die Frankfurte­r Währungshü­ter hinsichtli­ch einer digitalen Währung de facto unter Zugzwang geraten. Weltweit loten der Bank für Internatio­nalen Zahlungsau­sgleich zufolge immer mehr Notenbanke­n digitale Versionen ihrer Währungen aus. Von 65 befragten Zentralban­ken arbeiteten vergangene­s Jahr 56 an solchen Projekten. Demnach haben bereits 60 Prozent der Notenbanke­n die Experiment­ierphase erreicht.

Die Bahamas haben im Vorjahr als erstes Land der Welt eine digitale Version ihrer Währung eingeführt, den Sand Dollar. Auf dem Archipel mit rund 700 Inseln, davon 30 bewohnt, spielt die Verfügbark­eit von Zahlungsmö­glichkeite­n eine große Rolle. Ambitionie­rte Pläne werden auch in China gewälzt, wo sich der E-Yuan in einem Testlauf befindet. Die Privatsphä­re der Bürger ist dort allerdings kein Thema.

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Die EZB arbeitet an einer digitalen Ergänzung zum Bargeld, dem E-Euro. Eingeführt wird er wahrschein­lich in den nächsten Jahren.

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