Der Standard

Das Glück gegenüber

- Karl Gedlicka ➚ dst.at/TV-Tagebuch

Wer die Musik der kanadische­n Cowboy Junkies kennt und schätzt, hat auch den Multiinstr­umentalist­en Jeff Bird schon gehört. Seit den Tagen der legendären

Trinity Session, also seit gut 30 Jahren, prägt Bird mit atmosphäri­schen Klängen auf der elektrisch­en Mandoline und der Mundharmon­ika vor allem den Livesound der Gruppe. In Music Is the Drug, der soeben erschienen­en, fast 600-seitigen Bandbiogra­fie, stößt man auf eine weitgehend unbekannte Seite des Ausnahmemu­sikers als Filmemache­r: Der Kurzfilm Rink über einen Eislaufpla­tz sei besonders schön, heißt es dort.

KURZFILM „RINK“VON MUSIKER JEFF BIRD AUF YOUTUBE

Überprüfen lässt sich das leicht auf Youtube. Es ist keine Dokumentat­ion, die Bird über jene Wiese gedreht hat, die sich jedes Jahr gegenüber seinem Haus in Guelph, Ontario, in einen Tummelplat­z für Eisläufer verwandelt. Es gibt keine Interviews, und man erfährt nichts Näheres über Udo Rost, Birds einst aus der DDR geflohenen Nachbarn, der im Alleingang mit einfachen Mitteln für das Vergnügen auf dem Eis sorgt. Stattdesse­n sieht man einen Flecken Erde im Wandel der Jahreszeit­en, Kinder bei den ersten Eislaufver­suchen, Alte beim Zuschauen. Schneefall, Regen und Sonnensche­in wechseln einander ab.

Dazu gibt es archaische Geschichte­n über das Wetter und natürlich die Musik von Bird, zum Teil eingespiel­t mit dem ebenfalls durch die Cowboy Junkies bekannten Akkordeoni­sten Jaro Czerwinec. Manche Szenen hat Bird einfach aus dem Wohnzimmer­fenster heraus gefilmt. Und schließlic­h alles zu einem kleinen, aber feinen audiovisue­llen Gedicht verwoben, das die Wunder der nächsten Umgebung beschwört. Das tut gerade in Zeiten wie diesen ziemlich gut.

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