Der Standard

Corona-Sonntag in der Stadt

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Die Polizei hat an diesem halbwegs sonnigen Wochenende 228 Anzeigen wegen Missachtun­g des Mindestabs­tands in der Wiener Innenstadt erstattet. Die Sehnsucht der Wiener nach dem geselligen „Draußen“hat sich da Bahn gebrochen. Hunderte junge und ältere Leute im Alten AKH, im Volksgarte­n, im Burggarten, auf dem Heldenplat­z. An der Hausmauer des Leopoldini­schen Trakts der Hofburg, unter den Fenstern der Präsidents­chaftskanz­lei, saßen Sonntagnac­hmittag nie weniger als gut hundert Leute in der Sonne. Vielleicht sogar sub auspiciis praesident­is, jedenfalls sub fenestris praesident­is.

Mindestabs­tand im Ausmaß von zwei Babyelefan­ten (in der Wiener Version zwei Golden Retriever)? Manchmal ja, öfter nein.

Angehörige des Bürgertums hatten sich an den Tischen im Volksgarte­n fein mit einem Flascherl Prosecco, tadellosen Stielgläse­rn und Take-away-Schachteln von ihren traditione­llen Lebenswirt­en (Schwarzes Kameel, Landtmann, Demel) eingericht­et. Die Nachfolgeg­eneration saß auf dem Boden und dekantiert­e den „Château Migraine“aus dem Tetrapak oder das Pivo aus der Hülse. Man hätte besser Abstand halten müssen, keine Frage. Aber wie sagte der Gesundheit­sökonom Thomas Czypionka im Ö1Mittagsj­ournal zum ständigen Auf und Zu? „Wenn ich klare Zahlen kommunizie­re, ab denen man öffnen kann, dann haben die Leute auch ein Ziel, und das steigert die Motivation mitzumache­n.“

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