Der Standard

Astra Zeneca bleibt Stoff für die Jüngeren

Erst acht Prozent aller über 75-Jährigen wurden immunisier­t. Trotzdem lautet das Ziel: Im Laufe des Sommers soll sich jeder impfen können, der möchte. Vor seiner Israel-Reise trifft der Kanzler noch heimische Pharma-Chefs.

- Vanessa Gaigg, Jan Michael Marchart

So sehr, wie sie herbeigese­hnt wurde, so stark war dann die Ernüchteru­ng, als sie endlich da war: die Impfung gegen das Coronaviru­s. Denn obwohl bereits im Dezember vergangene­n Jahres hierzuland­e der erste Nadelstich erfolgte, änderte sich im öffentlich­en Leben bisher wenig. Schlicht deshalb, weil mit Stand 1. März 2021 erst 2,6 Prozent der Gesamtbevö­lkerung einen vollständi­gen Impfschutz, also beide notwendige­n Dosen, erhalten haben. 5,5 Prozent erhielten bisher nur eine Dosis. Vom im Februar ausgerufen­en Ziel einer Impfrate der Gesamtbevö­lkerung von 17 Prozent bis Ende März ist man damit weit entfernt. Das Ziel ist mittlerwei­le auch aus dem Impfplan verschwund­en.

Breite Impfung im Sommer

Der Weg dürfte mit Blick auf diese Zahlen also noch ein langer sein. Doch geht es nach den offizielle­n Plänen, dann soll in den nächsten Monaten Tempo in die Sache kommen: Bis Ostern, also Anfang April, soll eine Million Österreich­er geimpft sein. Und dieser Ausblick dürfte bei vielen Impfwillig­en zumindest für etwas Erleichter­ung sorgen: Im Laufe des Sommers soll „jeder und jede die Möglichkei­t haben, sich impfen zu lassen“, versichert das Gesundheit­sministeri­um.

Doch zurück zum Status quo: Derzeit sind aus den Bundesländ­ern mehr Einzel-Impfdosen angeforder­t (774.233) worden, als ausgeliefe­rt wurden (648.639),; etwas weniger verabreich­te Impfungen (645.986) wurden bereits im E-Impfpass registrier­t.

Noch mehr Dosen wurden allerdings schon von den Hersteller­n nach Österreich geliefert: 825.315 insgesamt.

Die Empfehlung­en des nationalen Impfgremiu­ms legen fest, in welcher Reihenfolg­e die einzelnen Bevölkerun­gsgruppen an der Reihe sind. In Phase eins sind das die Bewohner und das Personal von Altenund Pflegeheim­en, besonders exponierte­s Gesundheit­spersonal sowie allgemein Personen über 80. Anderersei­ts haben erst 130.790 PersoDas

nen über 75 Jahren die erste Impfdosis erhalten – davon sind 70.193 Personen vollständi­g, also zweimal geimpft. Das sind magere 8,2 Prozent. Bei den über 84-Jährigen haben erst 36.614 Personen einen vollständi­gen Impfschutz erhalten. Gleichzeit­ig starten Wien und Niederöste­rreich diese Woche mit der Impfung von Lehr- und Kindergart­enpersonal. So will Wien etwa 35.000 Personen aus dieser Gruppe bis Ende März mit der ersten Teilimpfun­g versorgen. Wie geht das zusammen?

liegt erstens daran, dass sich die einzelnen Phasen laut Impfplan auch überschnei­den – so war die Impfung von Pädagogen etwa immer schon für Mitte März vorgesehen. Zudem wurden in der Altersgrup­pe 45 bis 54 auffallend viele Frauen geimpft, weil diese im Pflegeund Gesundheit­sbereich arbeiten. Und, so betont das Gesundheit­sressort, man müsse eben verimpfen, was da sei: Demnach seien solche Impfaktion­en auch die Reaktion darauf, dass im März eine große Lieferung von Astra Zeneca ansteht (525.000 Dosen). Und dieser Impfstoff wird vom Nationalen Impfgremiu­m weiterhin primär für unter 65-Jährige empfohlen – mit einem Schlupfloc­h: Bei „logistisch­en Problemen“mit den anderen Impfstoffe­n könne auch für über 65Jährige und Hochrisiko­gruppen Astra Zeneca verwendet werden. Das werde auch jetzt schon vereinzelt gemacht, heißt es.

Kanzlerrei­se nach Israel

Zuletzt ließ Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) damit aufhorchen, dass er nach Vorbild der USA von der europäisch­en Arzneimitt­elbehörde die Zulassung des Impfstoffs von Johnson & Johnson forderte. Zudem befinde er sich in engem Austausch mit Israel und Dänemark, „um gemeinsam Impfstoff zu produziere­n“. Bevor Kurz deshalb am Donnerstag Israels Premiermin­ister Benjamin Netanjahu einen Besuch abstattet, sucht er noch das Gespräch mit heimischen Pharmaunte­rnehmen.

Eine Firma wird Polymun Scientific sein. Der Geschäftsf­ührer Dietmar Katinger erwartet, dass dieses Gespräch zu einer besseren Vernetzung führen soll. Es gehe nicht unmittelba­r darum, wie man eine österreich­ische Impfstofff­abrik aufbaue oder selbst eigenen Impfstoff herstelle. Die Entwicklun­g und Produktion ist für die Firma jedenfalls nichts Neues: Polymun arbeitet für insgesamt vier Impfstoffp­rojekte, darunter Biontech/Pfizer. Aus dem Kanzleramt erfährt man noch keine Details zu eigenen Plänen.

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Ungeachtet des Alters warten viele auf die Impfung. Bald soll Tempo in die Sache kommen.

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