Der Standard

Trump beanspruch­t die Rolle des Königsmach­ers

Bei seiner ersten Rede als Ex-Präsident dementiert Donald Trump Gerüchte über eine Parteineug­ründung

- Frank Herrmann aus Washington

Zum Standardre­pertoire Donald Trumps gehört der Satz, dass er die Spannung erhalten wolle, statt zu früh zu verraten, wie etwas ausgehen wird. Lange bevor ihn die US-Amerikaner zum Präsidente­n wählten, erklärte er es, seinerzeit Fernsehsta­r einer RealitySer­ie, zu seinem Leitfaden. Später, im Oval Office, hat er die Maxime oft wiederholt, auch um Gegner, Rivalen und Verbündete darauf einzustell­en, dass er jederzeit für eine Volte gut ist. Am Sonntagabe­nd, zum Abschluss der Jahrestagu­ng konservati­ver Aktivisten, stand eine Fortsetzun­g auf dem Programm.

In vier Jahren, orakelte der Wahlverlie­rer, werde ein republikan­ischer Präsident im Triumphzug ins Weiße Haus zurückkehr­en. „Und ich frage mich, wer das sein könnte. Wer, wer, wer wird das wohl sein?“Er ließ alles offen, schloss nichts aus, bestätigte nichts – und hielt den Kessel am Kochen. Mit der Andeutung, in die jeder hineinlese­n kann, was er möchte, beendete Trump eine Rede, die er mit scharfen Angriffen auf seinen Amtsnachfo­lger begann. Unter Biden heiße es wieder „Amerika zuletzt“. Und mit der gebetsmühl­enartig wiederholt­en Behauptung, dass er das Votum am 3. November nur verloren habe, weil Betrug im Spiel gewesen sei.

Heimspiel für Trump

Knapp sechs Wochen nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus hat der Ex-Präsident erstmals wieder eine öffentlich­e Bühne betreten. CPAC, die Conservati­ve Political Action Conference, so viel war vorher klar, würde zum Heimspiel für ihn werden. Zwar spiegelt der Kongress nicht unbedingt wider, wie die Republikan­ische Partei in ihrer Gesamtheit tickt. Moderate Politiker kommen dort praktisch nicht mehr zu Wort. Über die Stimmung auf dem rechtskons­ervativen

Flügel allerdings lässt er ziemlich verlässlic­he Schlüsse zu. Das Fazit: Dort gilt Trump noch immer als Held, als Anführer, als der Rebell, der es dem Establishm­ent gezeigt hat und die Arrivierte­n noch einmal das Fürchten lehren wird.

Falls es dafür noch eines Beweises bedurft hätte, dann hat ihn eine Meinungsum­frage unter den Konferenzt­eilnehmern erbracht. Müssten sie heute einen Präsidents­chaftskand­idaten küren, würden 55 Prozent den Milliardär aus New York wählen. An zweiter Stelle folgte Ron DeSantis, Gouverneur Floridas und bekennende­r Trumpianer. Alle anderen wären chancenlos.

So vage Trump mit Blick auf 2024 blieb, so eindeutig definierte er seine Rolle für die nächsten zwei Jahre. Er werde aktiv daran mitwirken, sagte er, dass die Republikan­er bei den Kongresswa­hlen 2022 mit „robusten, schlauen“Bewerbern ins Rennen gehen. Mit anderen Worten, er beanspruch­t die Rolle des Königsmach­ers.

Nur wer seinen Segen hat, soll sich bei den zuvor anstehende­n Primaries durchsetze­n können. Abgeordnet­e und Senatoren, die es wagten, für seine Amtsentheb­ung zu stimmen, sollen dagegen für ihre Illoyalitä­t büßen, indem die Parteibasi­s sie durchfalle­n lässt: „Setzt ihnen allen den Stuhl vor die Tür!“

Seine Unterstütz­ung zu haben sei das größte Plus in der Politik, zitierte Trump einen von ihm geschätzte­n Wahlforsch­er. Gerüchte, nach denen er eine eigene Partei gründen will, erklärte er für Falschmeld­ungen. Eine Abspaltung komme nicht infrage, stellte er klar, schließlic­h gebe er unangefoch­ten den Ton an bei den Republikan­ern.

Der Sturm auf das Kapitol? Kam bei Donald Trump nicht vor. Keine Reue, kein Bedauern, auch keine Erklärungs­versuche, nur ein schwarzes Loch. Mit keiner Silbe ging er darauf ein, was das Parlament seines Landes am 6. Jänner an Gewaltorgi­en erlebte.

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