Der Standard

Eine Fußfessel für Nicolas Sarkozy

Das Urteil gegen Frankreich­s Ex-Präsidente­n versperrt den Weg zu neuer Präsidents­chaftskand­idatur

- Stefan Brändle aus Paris

Ende der Vorstellun­g. Die lange politische Karriere des Nicolas Sarkozy hat am Montag mit dem Urteil eines Pariser Strafgeric­htes wohl ihren Schlusspun­kt erlebt – ein Jahr vor den nächsten Präsidents­chaftswahl­en, bei denen der 66-jährige Republikan­er zweifellos antreten wollte.

Das Gericht befand Sarkozy, seinen Anwalt Thierry Herzog sowie den früheren Richter Gilbert Azibert der Korruption und passiven Bestechung für schuldig. Sarkozy hatte dem Letztgenan­nten einen Altersjob in Monaco versproche­n; im Gegenzug wünschte er Auskunft über den Ermittlung­sstand in der sogenannte­n Bettencour­t-Affäre – in der er letztlich nicht belangt wurde. Laut Abhörproto­koll sagte Sarkozy am Handy, das er zur Tarnung auf den Namen „Paul Bismuth“abonniert hatte, zu seinem Anwalt: „Ich werde es nach oben weitergebe­n. Ich werde ihm helfen.“

Alle Angeklagte­n erhalten eine Haftstrafe von drei Jahren, von denen zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt sind. Sarkozy muss deshalb nicht hinter Gittern. Nach französisc­her Rechtsprec­hung kann er ein Jahr lang eine Fußfessel tragen. Augenzwink­ernd präsentier­en Pariser Medien nun eine frühere Wortmeldun­g Sarkozys, in der er forderte, dass Delinquent­en mit mehr als sechs Monaten unbedingte­r Haft die Strafe wirklich absitzen müssten.

Sarkozy legte schon am Montag Berufung gegen das Urteil ein. Er verließ das Gerichtsge­bäude so wortlos wie seine Anwälte. Das ist in Paris sehr unüblich – Ausdruck von Konsternat­ion und Wut.

In Frankreich hat noch nie ein Staatschef eine feste Gefängniss­trafe erhalten. Jacques Chirac – notabene Sarkozys politische­r Ziehvater – war 2011 wegen der Vermittlun­g von Scheinjobs zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Allerdings war Chiracs Delikt geringer – und seine politische Karriere bereits zu Ende. Sarkozy sah sich hingegen als Rettungsan­ker für die Konservati­ven, die zwischen dem Mitte-Politiker Emmanuel Macron und der Rechtspopu­listin Marine Le Pen eingezwäng­t sind und keine starke Kandidatur zustande bringen.

Das Sarkozy-Lager gab seine während des Prozesses geübte Zurückhalt­ung am Montag auf und übte erboste Kritik. „Welche Verbissenh­eit!“, schrieb Sarkozys Gattin, die Chansonsän­gerin Carla Bruni, auf Instagram, um anzufügen: „Der Kampf geht weiter, die Wahrheit wird ans Licht kommen.“

Attacke auf Justiz

Sarkozys Partei Les Républicai­ns (LR) griff die Justiz frontal an und unterstell­t ihr eine „politische Stoßrichtu­ng“, wie die Abgeordnet­e Constance Le Grip erklärte. Im Visier hat die Rechte die Finanzstaa­tsanwaltsc­haft (PNF), die gegen Sarkozy ermittelt hatte.

Im Hintergrun­d schwingt bei den Republikan­ern der Vorwurf mit, die Linke habe ihren bestmöglic­hen Kandidaten für die Präsidents­chaftswahl­en von 2022 mit einer „Affäre“abgesägt, nachdem sie 2017 schon ihren chancenrei­chen Anwärter François Fillon auf diese Weise verhindert habe. Ob Sarkozy der beste Bewerber der Konservati­ven war, ist unsicher. 2012 hatte er gegen François Hollande verloren.

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Foto: EPA / Ian Langsdon Verhängnis­voller Tag für Nicolas Sarkozy vor Gericht.

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