Staatengruppe gegen Korruption kritisiert Österreich scharf
Die Organisation empfindet die Umsetzung ihrer Empfehlungen hierzulande als „allgemein unbefriedigend“
Angesichts der hohen Dichte mutmaßlicher Korruptionsfälle in Österreich liegt die Frage nahe: Wie gut schützt sich das Land vor Machtmissbrauch, gemessen an internationalen Standards? Die Staatengruppe gegen Korruption (Greco) hat eine (Teil-)Antwort darauf: Sie empfindet die Umsetzungen ihrer Empfehlungen zur Korruptionsprävention bei Abgeordneten, Richtern und Staatsanwälten als „allgemein unbefriedigend“, wie in einer Aussendung bekanntgegeben wurde. Nur zwei der 19 Empfehlungen seien vollständig umgesetzt.
Österreich ist gemeinsam mit den meisten anderen europäischen Staaten Mitglied bei Greco und hat das Strafrechtsübereinkommen über Korruption ratifiziert, dessen Einhaltung von der Organisation überwacht wird. Darin werden bestimmte Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption vorgeschrieben.
Verhaltensregeln gefordert
Seit 2017 habe sich bei den Richtlinien für Parlamentarier in Österreich nichts getan, kritisiert Greco, die den „anhaltenden Mangel an Fortschritt“in der Angelegenheit bedaure. Schon nach den Nationalratswahlen 2019 habe die Organisation das österreichische Parlament angehalten, die Umsetzung der Empfehlungen „ernsthaft anzugehen“.
Ein Verhaltenskodex für Parlamentarier ist seit Jahren im Gespräch, im Jänner hat ihn die Präsidiale unter Berufung auf die GrecoEmpfehlungen
beschlossen – der Text wurde auf der Parlamentswebsite Mitte Februar veröffentlicht. Ein Entwurf, über den im Vorjahr DER STANDARD berichtet hat, entsprach allerdings auch eher einer Sammlung bereits gültiger Gesetze.
Das hat sich nicht wesentlich geändert: Im Kodex „werden die für MandatarInnen geltenden Regelungen zusammengefasst, etwa was Anwesenheitspflichten, Unvereinbarkeiten, Meldepflichten und Geschenkannahmen betrifft. Zudem werden in einem Leitbild wesentliche Grundsätze der Abgeordnetentätigkeit wie Unabhängigkeit, Integrität, Redlichkeit und Vorbildwirkung festgehalten“, berichtet die Parlamentskorrespondenz.
Ein Sprecher der Parlamentsdirektion wies darauf hin, dass der Beschluss der Präsidiale im Greco-Bericht
noch nicht berücksichtigt wurden. „Offenbar gab es eine ungünstige zeitliche Überschneidung“, sagte der Sprecher. Mittlerweile sei der Verhaltenskodex für Abgeordnete vorgelegt worden, und der Entwurf für die Transparenz- und Unvereinbarkeitsbestimmungen liege im Parlament.
Nachholbedarf bei Justiz
Dieser Entwurf enthält zwei Änderungen, wie die Austria Presse Agentur berichtet: Eine Inflationsanpassung der Einkommenskategorien für die Offenlegung der Nebenbezüge der Abgeordneten. Die höchste Kategorie liegt nun nicht mehr bei 10.000, sondern bei 12.000 Euro. Und: eine Aufwertung des Unvereinbarkeitsausschusses. Auf die von den Greco ebenfalls eingeforderten verschärften Transparenzmaßnahmen
konnten sich die Abgeordneten allerdings nicht einigen.
Nachholbedarf sieht Greco aber auch bei der österreichischen Justiz. Zwar begrüßt die Organisation Fortschritte wie das Verbot für Richter und Staatsanwälte, gleichzeitig politische Positionen in Verwaltung oder Gesetzgebung zu besetzen, und die Einführung einer ComplianceRichtlinie in der Justiz. Das Auswahlprozedere und die Bewertungssysteme müssten aber noch verbessert werden, um die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken.
Wegen des „allgemein unbefriedigenden“(„globally unsatisfactory“) Grads der Umsetzungen der Empfehlungen fordert Greco Österreich auf, bis zum 30. September 2021 einen Bericht zum Fortschritt der Umsetzung der Richtlinien vorzulegen.