Der Standard

Das rote Zittern um die Hauptstadt

Die Kärntner Gemeindera­tswahl vom Sonntag bescherte der SPÖ viel Licht, aber auch dunkle Schatten: Sie muss um das Bürgermeis­teramt in Klagenfurt zittern, kann ihre Städte sonst mit einer neuen Politikerg­eneration halten.

- Walter Müller

Das Angenehme an Bürgermeis­terwahlen ist ja, dass sich jeder irgendwo zum Sieger erklären lassen kann“, sagt die Politologi­n Kathrin Stainer-Hämmerle mit Augenzwink­ern. Das sei auch bei der am Sonntag abgehalten­en Gemeindera­tswahl in Kärnten nicht anders: Ob SPÖ, ÖVP, FPÖ oder Grüne, überall im Bundesland können die Parteien da und dort Erfolge vorweisen.

Selbst die relativ neue Partei des ehemaligen SPÖ-Politikers und jetzigen Chefs des Team Kärnten, Gerhard Köfer. Die kann sich sogar – wie Köfer sagt – über einen „unglaublic­hen, ja historisch­en Wahltag“freuen. Köfer war in Spittal an der Drau 15 Jahre lang SPÖ-Bürgermeis­ter, ehe er die Partei wechselte und auch als Team-Kärnten-Landesrat fungierte. Er trat jetzt in Spittal gegen seinen Nachfolger Gerhard Pirih (SPÖ) an und hat ihn, wie es scheint – alle Wahlkarten sind noch nicht ausgezählt – sogar überholt. Fix ist jedenfalls, dass es eine Stichwahl geben wird.

Ebenso, und auch das ist für die SPÖ vorerst bitter, wird in der Landeshaup­tstadt Klagenfurt das Bürgermeis­teramt erst in einem zweiten Wahlgang entschiede­n. Hier kommt nochmals der ehemalige Rote Gerhard Köfer ins Spiel. In Klagenfurt trat der frühere FPÖBürgerm­eister Christian Scheider gegen seine Nachfolger­in Maria-Luise Mathiaschi­tz (SPÖ) an. Auch Scheider hatte – nach einem Streit mit der FPÖ – die Partei gewechselt und ist zu Köfers Team Kärnten, das früher unter Team Stronach firmierte, übergelauf­en. Scheider hat gute Chancen als künftiger Klagenfurt­er Stadtchef zu reüssieren.

Für die SPÖ aber beruhigend: Wo Schatten, da ist auch Licht. In Villach konnte die SPÖ ihre Absolute ausbauen. Und auch die neue, zum Teil erst seit einem Jahr im Amt werkenden roten Bürgermeis­ter in den Städten Völkermark­t, St. Veit oder Wolfsberg haben sich besser, als es parteiinte­rn erwartet wurde, geschlagen. Sie haben die SPÖ-Hochburgen verteidigt und sogar zugelegt. Hier ist der Generation­swechsel in der SPÖ gelungen. Ein Faktum, das bei den Grünen noch aussteht. Sie blieben landesweit unter ihren Hoffnungen. „Die Grünen haben den Generation­swechsel verschlafe­n“, sagt die in Klagenfurt an der Universitä­t und FH lehrende Stainer-Hämmerle. Parteiinte­rn tröstet man sich mit einer Schuldzusc­hreibung: Die Performanc­e der Grünen im Bund sei schuld.

Covid nicht wahlentsch­eidend

Dass sich Bundesthem­en oder die CoronaPand­emie nicht oder wenn ja, dann nur marginal auf das Wahlverhal­ten ausgewirkt haben, zeigt das Ergebnis im Bezirk Hermagor, den österreich­weit am stärksten belasteten Bezirk. Politikbeo­bachter nahmen an, dass zum Beispiel die Corona-Leugner mit Neigung zur FPÖ hier stärker vertreten sein würden, was aber nicht der Fall war. Hier hat die FPÖ sogar verloren.

In Summe blieb die SPÖ in 54 Gemeinden und Städten die stärkste Fraktion, die ÖVP in 47 und die FPÖ in 21 Kommunen. Landesweit verbuchte die SPÖ – ohne die Wahlkarten­ergebnisse aus Klagenfurt und Villach – 39,7 Prozent der Stimmen, ein Minus von 0,6 Prozentpun­kten. Die ÖVP erzielte ein Plus von 3,7 Prozentpun­kten und stieg auf 26,2 Prozent. Die

FPÖ wiederum legte 2,3 Prozent ab und kam auf 15,7 Prozent der Stimmen.

Aber dennoch: In allen Parteien überwog in den ersten Reaktionen die Genugtuung über den jeweils empfundene­n Wahlerfolg. Die SPÖ sieht sich als „klare Nummer eins“. Noch bevor alle Stimmen ausgezählt waren, stand für Landeshaup­tmann Peter Kaiser fest: „Die SPÖ wird als klare Nummer eins bei den Bürgermeis­terund Gemeindera­tswahlen hervorgehe­n.“Es sei abzusehen, dass die SPÖ ihre Spitzenpos­ition sowohl bei der Anzahl der Bürgermeis­ter als auch als Partei mit deutlichem Abstand zu politische­n Mitbewerbe­rn behalten werde, auch wenn es einige „schmerzhaf­te Wermutstro­pfen“gebe, merkte Kaiser in einer Aussendung an.

ÖVP-Koalitions­partner Martin Gruber glaubt sich bestätigt: „Die Verbreiter­ung ist geglückt.“Die ÖVP habe bewiesen, dass sie auch in Städten wie Feldkirche­n, Hermagor, Radenthein und Althofen gewinnen könne. Die schlechten Ergebnisse in Villach und Klagenfurt wollte der ÖVP-Chef eher nicht kommentier­en. FPÖ-Chef Gernot Darmann verwies darauf, dass man die blauen Ortschefs „annähernd“gehalten habe. Dennoch: Unterm Strich blieb eben ein Minus bei den Gesamtstim­men.

Und sogar die Grünen sehen sich als „stabile Kraft“. Sie geben sich offiziell in ihrer Reaktion in der Austria Presse-Agentur aber bescheiden in ihrer Zieldefini­erung. Man sei aus der Talsohle der letzten Landtagswa­hl gestartet. Und auch die Neos zeigten den Daumen nach oben. Sie freuten sich über die 5,8 Prozent in Klagenfurt.

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Die Wahlbeteil­igung bei der Gemeindera­tswahl war trotz strenger Corona-Vorschrift­en mit 73 Prozent relativ hoch.

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