Der Standard

Krise am Arbeitsmar­kt trifft Tirol besonders stark

Starke regionale Unterschie­de in Arbeitsmar­ktzahlen – in Galtür stieg die Arbeitslos­igkeit um mehr als 8000 Prozent

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Einen Arbeitslos­en gab es im Februar 2020 in Galtür. Ein Jahr später waren es ganze 166 Arbeitslos­e, die der Tiroler Winterspor­tort Ende Februar zählte. Das macht ein Plus von sagenhafte­n 16.500 Prozent. Unterm Strich ist die Arbeitslos­igkeit in der Gemeinde aber „bloß“um 8200 Prozent angestiege­n, weil die Zahl der Schulungst­eilnehmer in Galtür im Jahresverg­leich sank – von einer Person, die vor einem Jahr auf Schulung war, auf null heute.

Galtür ist nur eine von vielen Gemeinden in Tirol, die angesichts der behördlich­en Schließung­en von Hotels und Restaurant­s stark von Arbeitslos­igkeit betroffen sind. Ob Ischgl, Gerlos oder Fiss – besonders Skiorte stechen mit besonders starken Zuwächsen heraus. Im Bundesland Tirol lag die Arbeitslos­igkeit laut den jüngst vom Arbeitsmar­ktservice (AMS) veröffentl­ichten Monatszahl­en um 134,4 Prozent höher als im Februar 2020. Am zweithöchs­ten war der Anstieg in Salzburg mit 75,4 Prozent.

Im Jahresverg­leich war die Arbeitslos­igkeit in ganz Österreich Ende Februar weiterhin pandemiebe­dingt hoch. 508.923 Menschen waren arbeitslos oder in AMS-Schulung, das sind um 109.564 mehr als im Februar 2020. Im Vergleich zum Vormonat gab es mit einem Minus von 26.500 Betroffene­n weniger jedoch eine leichte Entspannun­g – wobei Monatsverg­leiche aufgrund saisonaler Effekte weniger aussagekrä­ftig sind als Jahresverg­leiche.

Bei der Kurzarbeit sind Jahresverg­leiche (noch) nicht möglich. Der erste Lockdown feiert erst im März seinen einjährige­n Anniversai­re. Zur Kurzarbeit angemeldet waren Ende Februar 496.000 Personen – und damit mehr als Ende Jänner. Das heißt aber nicht, dass ebenso viele Menschen wirklich von der Maßnahme Gebrauch gemacht haben. Im Gegenteil: Arbeitsmin­ister Martin Kocher (ÖVP) sagte am Montag, dass rund 100.000 Menschen in Österreich im Februar aus der Kurzarbeit zurück in Vollbeschä­ftigung wechselten. Grund dafür ist die Öffnung des Handels und personalin­tensiver Branchen wie von Friseuren und anderen körpernahe­n Dienstleis­tern. Die Schätzunge­n des Arbeitsmin­isteriums fußen auf den Erfahrunge­n aus Öffnungen im Vorjahr.

Galtür hofft auf Saison

Unter den Branchen stechen besonders Beherbergu­ng und Gastronomi­e hervor, im Februar waren dort im Jahresverg­leich fast 100 Prozent mehr Menschen arbeitslos oder in Schulung. Das erklärt auch, warum der Zuwachs der Arbeitslos­igkeit in Tourismusg­emeinden wie

Galtür dermaßen stark war. Dass der kleine Ort in Tirol den größten Arbeitslos­enanstieg im Bundesland verzeichne­te, hat aber auch einen anderen Grund, wie Bürgermeis­ter Anton Mattle (ÖVP) erklärt: „Die Hälfte der Mitarbeite­r im Tourismus lebt in der Gemeinde, in anderen Orten ist der Anteil der pendelnden Saisonnier­s größer.“

Der Tourismus ist für Galtür die weitaus wichtigste Einnahmenq­uelle, sagt Mattle. Die kleinen Handwerksb­etriebe in der Gemeinde leben stark von den Aufträgen der Hoteliers. Die Stimmung sei dennoch nicht am Boden, erzählt der Bürgermeis­ter. Man mache die Not zur Tugend, manche Betriebe würden die Zeit für Renovierun­gen oder Investitio­nen nutzen. Und gerade weil die Hotels in Galtür mehrheitli­ch kleine Familienbe­triebe sind und ihre Mitarbeite­r zu großen Teilen in der Gemeinde leben, könne man rasch aufsperren, sobald es möglich wird. Und aus dem Rekordanst­ieg der Arbeitslos­igkeit würde womöglich ein Rekordrück­gang. (luis)

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