Der Standard

Das 332. Wiener Fußball-Derby steigt am Sonntag in Favoriten.

Am Sonntag steigt in Favoriten das 332. Wiener Fußball-Derby. Der Austrianer Benedikt Pichler und der Rapidler Maximilian Ullmann werden auf zusätzlich­e Einsatzzei­ten kommen.

- Christian Hackl

Benedikt Pichler lehnt Selbstmitl­eid strikt ab. Sollte sich der 23-Jährige dabei ertappen, Trübsal zu blasen, „könnte ich mich im nächsten Moment abwatschen. Andere verlieren ihre Existenzen. Ich darf hingegen tun, was ich liebe: Fußball spielen.“Pichler ist Austrias Marathonma­nn, von Tormann Patrick Pentz abgesehen, aber der muss aufgrund seiner Position die Kilometer nicht fressen. Der Stürmer (linke Seite) hat es in den bisher 19 Runden auf 1614 Einsatzmin­uten gebracht. Das Vertrauen von Trainer Peter Stöger „ehrt mich“.

Es ist ja nicht so, dass die Austria der Liga den Stempel aufdrückt, sie ist Achter, bangt um die Teilnahme an der Meistergru­ppe der besten sechs. Die Vorsaison könnte sich wiederhole­n, was Pichler vermeiden will. „Ich möchte die Austria endlich oben sehen.“Der gebürtige Salzburger kam im Sommer 2019 von Zweitdivis­ionär Austria Klagenfurt nach Favoriten, sammelte Erfahrung bei den Amateuren, den Young Violets – nahezu unter Ausschluss der Öffentlich­keit.

Sechs Tore, vier Assists

Corona hat dafür gesorgt, dass dieser erbärmlich­e Zustand geblieben ist und verschärft wurde. Denn das „nahezu“ist weggefalle­n. Pichler hat sich in der Stille trotzdem gemausert. Er hält bei sechs Toren und vier Vorlagen, selbstkrit­isch merkt er an: „Es müssten mehr sein.“Die Unruhe im Verein, die sich mit dem neuen Investor vielleicht entschärft

hat, halte er aus. „Ich war noch nie bei einem Klub, bei dem es ruhig war.“Als er bei Grödig engagiert war, „hat sich der Verein aufgelöst. Aber nicht wegen mir“.

Pichler hat seinen Karrierepl­an allgemein gehalten. „Ich will das Maximale aus mir rausholen. Damit ich nicht als alter Mann sagen muss, es wäre mehr möglich gewesen.“Man müsse Rückschläg­e verkraften. „Auch wenn Gegenwind herrscht, kannst du das zum Positiven wenden. Wie ein Skispringe­r, der weiter fliegt. Oder ein Vogel, der abhebt.“

Vorbild Haaland

Pichler sagt, gute Stürmer seien Egoisten. „Natürlich ist der Erfolg der Mannschaft das Wichtigste. Aber ich brauche den Torerfolg.“Als Vorbild nennt er Erling Haaland. „Wahnsinn, was er aus sich gemacht hat. Es begann in unserer Liga.“

Am Sonntag bestreitet Pichler sein drittes Derby. Für die Austria ist es ein „Muss-Sieg“, wobei in der aktuellen Lage „jedes Spiel für uns ein Muss- Sieg ist. Es gelingt halt nicht. Konstant ist nur unsere Inkonstanz.“Aufgrund der Gesetzmäßi­gkeit sei alles möglich. „Obwohl Rapid eine starke Saison spielt. Aber in einer Partie können die ärgsten Sachen passieren, es ist 50 zu 50.“

Benedikt Pichler – er steht bis 2023 unter Vertrag, sein Marktwert beträgt rund eine Million Euro – wird den 1614 Minuten weitere hinzufügen, Wie viele es sind, hängt von Stöger ab. „Ich bin für alles bereit, werde hoffentlic­h treffen.“

Maximilian Ullmann lehnt Pausen strikt ab. Sollte er sich einmal müde und ausgelaugt fühlen, würde er es Trainer Didie Kühbauer zwar mitteilen, aber die Gefahr sei gering. „Ich habe Lust am Laufen“, sagt der 24-Jährige. „Die linke Seite gehört mir. Defensiv und offensiv.“Ullmann ist Rapids Marathonma­nn, der gebürtige Linzer stand in 19 Ligapartie­n 1710 Minuten auf dem Platz. „Ich könnte auch jeden zweiten Tag spielen.“

Er ist die Verlässlic­hkeit in Person, hat einen Zug nach vorn, ohne hinten Lücken zuzulassen. Schlechte Leistungen sind beim Linksverte­idiger seltener als Siege von Rapid gegen Red Bull Salzburg. Im Sommer 2019 ist er vom LASK nach Hütteldorf gekommen, bereut hat er den Wechsel keine Sekunde. „Ich hatte kaum Anpassungs­schwierigk­eiten, wurde sofort akzeptiert. Wir haben Erfolg, sind eine intakte Mannschaft, die Stimmung ist positiv, wir setzen Matchpläne um.“

Kein Vorbild

Ullmann hat weder ein fußballeri­sches Vorbild noch ein Lebensmott­o. Das Zitieren von Kalendersp­rüchen überlässt er anderen. Okay, der 35-jährige Andreas Ulmer, der in Salzburg quasi der Ullmann ist, sei schon bemerkensw­ert. „Er bringt seit mehr als einem Jahrzehnt tolle Leistungen.“

Ullmann wurde in der Akademie Linz ausgebilde­t. Er begann im Mittelfeld, kluge Trainer erkannten früh, dass der Bub weiter hinten noch besser aufgehoben ist. Die Träume sind geblieben, und sie sind nicht weltbewege­nd originell. „Wie jeder österreich­ische Spieler träume ich vom Ausland und vom Nationalte­am.“Das Team ist schon recht nahe, Franco Foda berief ihn zu zwei Lehrgängen ein. Gegen Luxemburg wurde Ullmann sogar das Debüt versproche­n, Corona hat es verhindert. Aufgrund eines positiven Falls bei Rapid durfte er nicht ausreisen.

Die Sehnsucht

Mit der Pandemie hat sich Ullmann widerwilli­g arrangiert. „Jammern bringt nichts. Die Geisterspi­ele sind traurig, gerade wir von Rapid leiden darunter. Meine Sehnsucht nach Normalität ist wie bei jedem groß.“Die sozialen Kontakte vermisse er. „Aber solange meine Freundin bei mir ist, ist es in Ordnung.“

Am Sonntag bestreitet Ullmann sein viertes Wiener Derby. Er kennt sich mit den eigenen Gesetzmäßi­gkeiten also nur ein bisserl aus, die Bedeutung ist ihm klar. Der Zustand der Austria interessie­re ihn wenig. „Ich glaube, es gibt bei ihnen einen Aufwärtstr­end.“Rapid habe es in den eigenen Beinen. „Es ist keine g’mahte Wiese. Wenn wir unsere Leistung bringen und die Möglichkei­ten ausschöpfe­n, wovon ich ausgehe, sollten wir gewinnen.“

Maximilian Ullmann – er steht bis 2022 unter Vertrag, sein Marktwert beträgt rund drei Millionen – wird den 1710 Minuten wohl weitere 90 hinzufügen. Plus Nachspielz­eit. „Ich bin bereit, werde laufen.“

 ??  ?? Austrias Benedikt Pichler (links) und Rapids Maximilian Ullmann sind viel unterwegs. Am Sonntag entscheide­t nicht zuletzt die Dynamik.
Austrias Benedikt Pichler (links) und Rapids Maximilian Ullmann sind viel unterwegs. Am Sonntag entscheide­t nicht zuletzt die Dynamik.
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