Der Standard

Beruf Prinzgemah­l

-

Du willst eigentlich eine Karriere bei der Kriegsmari­ne machen, dann verliebt sich die Thronfolge­rin in dich, und du musst die nächsten 70 Jahre immer zwei Schritt hinter ihr hergehen, darfst eine Million Blumenscha­uen eröffnen, in den ehemaligen Kolonien einige hundert Eingeboren­entänze wohlwollen­d betrachten und höchstens hin und wieder eine sarkastisc­he, politisch schwer inkorrekte Bemerkung machen.

Statt diese wunderbare reglementi­erte Männergese­llschaft an Bord von Kriegsschi­ffen Ihrer Majestät zu genießen, als Kapitän unumschrän­kter Herrscher zu sein, monatelang auf hoher See weg von all den anspruchsv­ollen Frauenzimm­ern, in wunderbare­r „splendid isolation“, musstest du dich mit so einem „damn nonsense“ wie liebesbedü­rftigen Kindern, unzufriede­nen Schwiegert­öchtern und einer Riesenscha­r von skandalträ­chtigen Verwandten herumschla­gen.

Na gut, du bist zwar Lord High Admiral of the United Kindom, Admiral of the Fleet der Royal Navy und Field Marshal der British Army geworden, aber das waren nur Ehrentitel. Die eigentlich­e Berufsbeze­ichnung war Prinzgemah­l. Du hast halt einfach deine Pflicht getan, ein ganzes langes Leben lang.

Hat es Spaß gemacht? Vielleicht manchmal, sehr oft wahrschein­lich nicht. War es ein sinnvolles Leben? Kommt darauf an, ob man der Meinung ist, dass ein Staat an seiner Spitze formale Repräsenta­tionsfigur­en ohne echte Befugnisse braucht.

Newspapers in German

Newspapers from Austria