Prinz Philip 1921–2021
Der Ehemann von Queen Elizabeth II verstarb nur zwei Monate vor seinem 100. Geburtstag. Mit „beispielhafter Loyalität“stand der politisch unkorrekte Gentleman mehr als sieben Jahrzehnte lang an der Seite der Königin.
– Vor wenigen Wochen hatte Prinz Philip noch eine Herzoperation überstanden, am Freitag ist der Ehemann der britischen Königin Elisabeth II. „friedlich entschlafen“, wie der Buckingham Palace in einer Aussendung erklärte. Der Herzog von Edinburgh wäre im Juni 100 Jahre alt geworden. (red)
Als Prinzgemahl war der Herzog von Edinburgh, der am Freitag im 100. Lebensjahr verstorben ist, bis ins hohe Alter von Queen Elizabeths II. Seite nicht wegzudenken. Stets ein, zwei Schritte hinter der Queen, diskret, formvollendet – an dieser Aufgabe wäre so mancher Mann aus Philips Generation verzweifelt.
Wenn er wehleidig veranlagt gewesen wäre, hätte der aus ursprünglich deutschem Adel Stammende viel zu klagen gehabt über die Ungerechtigkeit der Welt. Aber alles Zartfühlende wurde dem Enkel von Georg I. von Griechenland, Urenkel von Christian IX. von Dänemark und Ururenkel Queen Victorias und Zar Nikolaus I. schon als Kind ausgetrieben, spätestens auf dem Internat im schottischen Gordonstoun. Er gab selten Auskunft über sich und klagte nie. „Ich will jetzt kürzertreten“, teilte er in einem TV-Porträt zum 90. Geburtstag mit. „Ich habe meinen Beitrag geleistet.“
In Wirklichkeit machte der rüstige, stets kerzengerade stehende Marineoffizier noch jahrelang weiter, ehe er im zarten Alter von 96 Jahren alle öffentlichen Termine zur Unterstützung jener 780 Organisationen, bei denen er als Schirmherr agiert hatte, einstellte. Bei großen royalen Terminen tauchte er dennoch weiterhin in der Öffentlichkeit auf, beispielsweise mit gerade frisch eingesetzter künstlicher Hüfte bei der Hochzeit seines Enkels Prinz Harry mit Meghan Markle.
„Verdammte Amöbe“
Philips Beitrag zum Fortbestand der Monarchie bestand vor allem in der „beispielhaften Loyalität“für seine Frau, wie der deutsche QueenBiograf Thomas Kielinger schreibt. Elizabeth hatte sich mit 13 Jahren in den mittellosen Leutnantsanwärter verliebt und eisern gegen manche Widerstände bei Hof an Philip festgehalten. Der Hochzeit 1947 folgten rasch die beiden Kinder Charles und Anne, später kamen die Prinzen Andrew und Edward hinzu.
Nur kurz war dem jungen Paar die glückliche, unbeschwerte Zeit auf Malta vergönnt, wo der Marineleutnant Philip stationiert war. Der
Tod Georges VI. im Februar 1952 bedeutete für den gerade 30-jährigen ambitionierten Offizier das Aus der eigenen beruflichen Karriere. Dass die Kinder laut Beschluss des Kronrats Windsor statt Mountbatten heißen sollten, ärgerte den Prinzen maßlos: „Ich bin eine verdammte Amöbe.“
Zähneknirschend fügte sich Philip in sein Schicksal. Was das Geheimnis einer glücklichen Ehe ausmache, hat er später so definiert: „unterschiedliche Interessen“. Während Elizabeth sich vor allem für ihre Pferde und Hunde interessierte, spielte der Prinzgemahl mit hoher Energie Hockey und Cricket, präsidierte dem WWF, versuchte sich als Maler und Fotograf.
Früh schon hatte der Abkömmling des Hauses Schleswig-HolsteinSonderburg-Glücksburg seine lebenslange Liebe zu schnellen Autos entdeckt. Sein geliebter Onkel und Ersatzvater, Admiral Louis Mountbatten, hat der Nachwelt, darunter Queen-Biograf Ben Pimlott, dazu eine wunderbare Anekdote hinterlassen. Auf dem Weg zu einem Polomatch sei der Prinz viel zu schnell unterwegs gewesen, weshalb die Königin spürbar verkrampft neben ihm saß und immer wieder hörbar einatmete. Da habe sich der Fahrer wütend an seine Frau gewandt: „Wenn du das noch einmal machst, schmeiße ich dich raus!“Im Auto kehrte Stille ein.
Weshalb sie sich denn diese Behandlung habe gefallen lassen, fragte Admiral Mountbatten später seine Nichte: „Schließlich hattest du recht, er fuhr viel zu schnell.“Elizabeth II. erwiderte: „Aber du hast doch gehört, was er gesagt hat“– offenbar hatte Ihre Majestät berechtigte Sorge, auf offener Straße an die Luft gesetzt zu werden.
Britischer Gentleman
Die feinen Herrenschneider der Savile Row lobten Philip für seine „wundervoll zurückhaltende Eleganz“, mit der er „in vielerlei Hinsicht den britischen Gentleman verkörpert“habe. Zum Diplomaten freilich brachte es der Prinzgemahl nicht. „Niemand hat je ein Treffen mit ihm vergessen“, hat dies Prinz
Edward einmal ein wenig zweideutig ausgedrückt.
Britische Studenten in China warnte der Prinzgemahl vor allzu langem Verweilen; sie könnten sonst „Schlitzaugen“bekommen wie ihre Gastgeber. An den Ungarn fielen ihm die „Bierbäuche“auf, in Schottland sah er sich von „Alkoholikern“umgeben. Die festliche Stammesbekleidung des nigerianischen Präsidenten bei einem Staatsbankett kommentierte der Herzog, sein Gegenüber sei wohl „schon fertig fürs Bett“. Den damaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl begrüßte er bei einem offiziellen Termin jovial mit „Guten Tag, Herr Reichskanzler“.
Mit solcherlei politischer Unkorrektheit zog sich Philip immer wieder Kritik der Medien zu und erfüllte damit die wichtige Funktion eines Blitzableiters, der von der unantastbaren Monarchin ablenkt. Gegen Ende seines Lebens zeigte die Nation ihm zunehmend Respekt, ja Dankbarkeit. Bei einer Umfrage nach dem beliebtesten Einwanderer belegte er 2012 Platz eins.