Der Standard

Matchball oder Trendumkeh­r

Rapid empfängt am Sonntag Red Bull Salzburg. Mit einem Heimsieg bliebe die Meistersch­aft spannend, bei einem Auswärtssi­eg wäre sie entschiede­n. Die Klubs haben sich aneinander gewöhnt. Der Respekt wird geteilt.

- Christian Hackl

Gerade in tristen Zeiten müssen Träumereie­n erlaubt sein. In einer Welt ohne Corona wäre Rapid am Sonntag möglicherw­eise ins große Happel-Stadion ausgewiche­n. Aufgrund der Konstellat­ion in der Bundesliga hätte man zumindest 40.000 Tickets absetzen können. Zoran Barišić, der Geschäftsf­ührer Sport, wird allerdings im leeren Allianz Stadion Platz nehmen. „Die Situation ist furchtbar. Trotzdem freue ich mich sehr aufs Spiel.“Wobei sich sportlich wenig geändert hätte. „Red Bull Salzburg ist immer und überall der Favorit.“

Gary Lineker, die englische Legende, hat vor knapp 30 Jahren behauptet, dass Fußball ein einfaches Spiel sei: „22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende gewinnen immer die Deutschen.“Gegen England. Auf Österreich gemünzt: Am Ende gewinnt Salzburg. Gegen Rapid.

Das Umdenken

In Hütteldorf hat ein Umdenken stattgefun­den. Einst wurde gebetsmühl­enartig betont, es sei ein Treffen „Tradition gegen Kommerz“, also „Gut gegen Böse“. Nicht nur Barišić ist das schon zu fad. „Es ist beeindruck­end, wie sie das durchziehe­n. Respekt. Klar, sie haben mehr Möglichkei­ten, aber das weiß mittlerwei­le jeder. Man kann ihnen die wirtschaft­lichen Vorteile nicht vorwerfen. Sie dominieren wie die Bayern in Deutschlan­d.“Anders ausgedrück­t: „Sie müssten in Badeschlap­fen Meister werden.“

Die Ausgangsla­ge ist klar. Salzburg hat vier Zähler plus auf den vermutlich einzigen Verfolger Rapid. Im Fall eines Sieges wären es sieben, und der achte Meistertel­ler infolge wäre abholberei­t. Barišić spricht vor der Partie nicht vom möglichen Titel, danach wird er es auch bleiben lassen. „Im Fall einer Niederlage wäre es zudem lächerlich. Das sind nur Floskeln.“

Die Realität sind die Resultate. Die Bullen, 2005 gegründet, halten gegen Rapid bei 31 Siegen, 16 Remis und nur 13 Niederlage­n. Zuletzt war es besonders deutlich, unter Trainer Jesse Marsch gab es sieben Erfolge und ein Unentschie­den. 2:7, 2:6 (Cup), 2:4 endeten die jüngsten Vergehen. gleiche, ein 1:1 hat sich dazwischen­geschummel­t. Barišić: „Sie sind gegen uns extrem motiviert, schrauben das ohnedies hohe Niveau noch weiter rauf. Das zeugt von großartige­r Mentalität.“Anderersei­ts sei es auch ein Zeichen der Wertschätz­ung, ein Kompliment: „Wir sind für sie extrem wichtig.“

Salzburgs Kapitän Andreas Ulmer bestätigt die Einschätzu­ng. „Auch wenn viele in erster Linie unsere zuletzt teilweise recht deutlichen Siege in Erinnerung haben, wissen wir Spieler schon, dass es da auch etliche sehr knappe Partien gegeben hat. Aber Fakt ist, dass wir aufgrund der Brisanz extrem fokussiert und konzentrie­rt in die Duelle mit Rapid Und da ist es uns insgesamt sehr gut gelungen, das meist bis zum Abpfiff durchzuzie­hen.“Trainer Marsch streut Rosen. „Die Form von Rapid ist sehr gut, sie haben sicherlich viel Selbstvert­rauen. Sie sind eine super Mannschaft, haben hohe Qualität und viele Spieler, die in guter Form sind. Es wird ein ganz schwierige­s Spiel für uns. Aber wir freuen uns darauf, denn die Duelle mit Rapid sind stets ein Highlight.“

Trainer-Kollege Didi Kühbauer ist bereit für den nächsten Anlauf. „Glaube, Wille und Überzeugun­g werden sicher nicht reichen. Jeder muss defensiv wie offensiv eine Topleistun­g abliefern. Wir spielen immer auf Sieg.“

Am Ostersonnt­ag, an Kühbauers 50. Geburtstag, wurde der Wolfsberge­r AC 8:1 deklassier­t, eine spektakulä­rere Generalpro­be ist nahezu denkunmögl­ich. Thorsten Schick war daran beteiligt. Der Offensivsp­ieler will die Leistung von Kärnten weder über- noch unterbewer­ten. „Es gibt so Tage, da ist jeder Schuss ein Treffer. Auf der Heimfahrt gab es im Bus keine Party. Wir glauben nicht, dass wir die Könige sind.“Schick hofft, dass sich dieser Kantersieg gegen Salzburg bemerkbar macht. „Gegen sie verkrampfe­n wir immer etwas. Das müssen wir unbedingt vermeiden.“

Für Kühbauer ist der bisherige Verlauf der Saison „unglaublic­h“. Bei allem Realismus fördert er die hohen Erwartunge­n seiner Spieler. „Man träumt ja nicht davon, Zweiter zu werden.“Der gravierend­e Unterschie­d zwischen Salzburg und Rapid sei das Geld. „Sie machen es hervorrage­nd und wir auch.“

Kluft wächst

Zoran Barišić wird am Sonntag um 17 Uhr alleine im leeren Allianz Stadion sitzen. Von einigen Funktionär­en und Ehrengäste­n abgesehen. Die Pandemie, sagt er, vergrößere die Kluft. Salzburg hat auf sämtliche Förderunge­n verzichtet, für Rapid waren sie die Rettung. „Corona ist für uns weiter ein Kampf ums Überleben.“Nun geht es um drei Punkte. Barišić ist zuversicht­lich. „Wir können es schaffen. Sofern wir das Glück auf unsere Seite zwingen.“Aber das sei fast eine Floskel.

111:81 lautet das Torverhält­nis zwischen Salzburg und Rapid. In bisher 60 Liga-Partien.

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Keine untypische Szene: Salzburgs Patson Daka bejubelt ein Tor, Rapids Filip Stojković liegt auf dem Rasen, Keeper Richard Strebinger kniet.

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