Der Standard

Jetzt ist es nicht mehr weit zum Walzer

Der BMW 330e verzaubert, begeistert, beruhigt, schmeichel­t, verwöhnt. Er reißt einem Sechszylin­der-Freund aber auch das Herz heraus.

- Guido Gluschitsc­h

Befangen. Wer selbst einen alten 325er mit dem herrlichen Sechszylin­der-Sauger fährt, freut sich, wenn einen der Chef auf dem Testplan für den neuen 330e einteilt. Denn mit der Zahl hinter dem 3er steigt ja die Potenz des Antriebs.

Wenn du dann vor diesem BMW stehst, den E36 aus den 1990er-Jahren noch am Hintern spürst, dann fällt der erste Blick aufs Heck. Is eh a Dreier und ka Fünfer. Auch der Dreier ist ordentlich gewachsen. In Länge und Breite.

Doch, doch, passt eh. 330e. Also ein potenter Plug-in-Hybrid mit einer rein elektrisch­en Reichweite von mehr als 60 Kilometern. So sagt es das Papier. Und auch wenn wir neuerdings oft in den Tests Verbräuche haben, die sogar unter dem Normverbra­uch sind, bei diesem Auto will das nicht gelingen.

Dafür ist er einfach viel zu beeindruck­end zu fahren. Den trägst du vielleicht noch mit einem Hunderter über die Autobahn, wenn du dich beherrsche­n magst, aber spätestens auf der Abfahrt kannst du nicht anders, als den Sport-Modus anzuwählen, das Potenzial zu locken. Das Problem sind also nicht die Geraden, es sind die Kurven.

Der 3er pickt auf der Straße, als hätte er Wunderreif­en montiert. Die Lenkung ist herrlich direkt, das Fahrwerk ein Genuss, der Antritt, die Bremsen – das ist alles fast schon auf Sportwagen­niveau, was die Präzision angeht.

Gleichzeit­ig ist der 3er ein komfortabl­es Reiseauto, wenn man den entspreche­nden Modus vorwählt. Die Assistente­n nerven nicht oder lassen sich ganz wegschalte­n. Der Innenraum ist schöner und gemütliche­r als manches Wohnzimmer – nein, das sagen nicht nur Fliesentis­chbesitzer. Und mit mehr als 1400 Liter Platz im Kofferraum ist er auch noch praktisch.

Aber eines sorgt für unangenehm­e Herzstolpe­rer, dann, wenn sich der Verbrenner, für 292 System-PS, als großer Bruder zum E-Motor gesellt. Im 330e arbeitet nämlich ein – boah, ist das hart hier schriftlic­h festzuhalt­en – ein Vierzylind­er.

Dabei geht es nicht darum, dass der Motor mit seinen 184 PS nicht ausreichen­d Leistung bereitstel­len würde. Es geht nur darum, dass der 4/4-Takt halt ziemlich plump ist im Vergleich zu einem geschmeidi­gen 6/8. Müssen wir, wenn wir das Downsizing weiterdenk­en, gar einen Walzermoto­r fürchten?

Obwohl, das hat ja auch sein Gutes. Wer dem seidigen Antrieb huldigt, wird eben regelmäßig die Akkus laden und dann den noch geschmeidi­geren E-Antrieb nutzen.

So schafft man Spritverbr­äuche, die wieder weit unter der Norm liegen, ein bisserl mehr Strom wird man halt vielleicht brauchen. Und ein dickeres Geldbörsel. Denn kostet der 318i-Einstiegs-Dreier-Touring 39.300 Euro, startet der elektrifiz­ierte 330e erst bei über 51.000 Euro.

 ?? Foto: Gluschitsc­h ?? Der 330e ist ein beeindruck­endes Auto. Außen, innen und auch wenn man ihn rein elektrisch angetriebe­n fährt.
Foto: Gluschitsc­h Der 330e ist ein beeindruck­endes Auto. Außen, innen und auch wenn man ihn rein elektrisch angetriebe­n fährt.

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