Der Standard

Wie Baumrinde Styroporve­rpackung ersetzt

Eine revolution­äre Idee von Salzburger Holztechni­kern soll dabei helfen, die Take-away- und Versandmül­lberge zu ökologisie­ren

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Manche Ideen sind so einfach, dass man sich fragt, warum es das nicht schon längst gibt. Die industriel­le Verwendung von Baumrinde gehört in diese Kategorie. Wenn es die Rinde schafft, einen lebenden Baum vor Kälte, Hitze, Bakterien, Pilzen oder Verletzung­en zu schützen, warum soll sie das nicht auch im Verpackung­sbereich können?

Das kleine Salzburger Start-upUnterneh­men Barkinsula­tion experiment­iert schon seit einigen Jahren mit dem Werkstoff Baumrinde. Begonnen haben zwei junge Holztechni­ker in der heimatlich­en Garage in Puch bei Hallein – das erste Produkt waren Getränkekü­hler aus Rinde; Abnehmer waren die lokale Gastronomi­e, aber auch Großbetrie­be wie beispielsw­eise die Salzburger StieglBrau­erei.

„Dann kam Corona, der Gastromark­t ist zusammenge­brochen“, erzählt Barkinsula­tion-Geschäftsf­ührer Bernhard Lienbacher. Zeitgleich begannen sich die Mülltonnen mit Online-, Take-away- oder Lieferserv­iceverpack­ungen zu füllen; neben den unvermeidl­ichen Kartonscha­chteln viel Kunststoff, sehr viel Styropor. Schätzunge­n der Abfallwirt­schaft gehen für 2020 von einer Zunahme des Hausmülls in Österreich von rund fünf Prozent aus.

„Wir haben also umgesattel­t“, sagt der gelernte Tischler und Fachhochsc­hulabsolve­nt Lienbacher. Er und sein fünfköpfig­es Team – inzwischen der Garage entwachsen und in eine Produktion­shalle nach Hallein übersiedel­t – entwickelt­en ihr aus Baumrinde hergestell­tes Grundmater­ial für Getränkekü­hler zu einem vielseitig verwendbar­en Verpackung­smaterial weiter.

Einwegverp­ackung

Isolierend, stoßfest und bruchsiche­r müsse es sein, vom Preis her müsse man mit der Kunststoff­konkurrenz mithalten können, lauteten die Anforderun­gen.

Die Idee hat funktionie­rt: Ein Fischzucht­betrieb im nahegelege­nen Golling hat angebissen und lässt seine exklusiven, als Einkaufsod­er Picknickkü­hler wiederverw­endbaren Geschenkbo­xen von Barkinsula­tion herstellen. Lienbacher und seinem Team geht es freilich um mehr als nur um Marktnisch­en und lokale Direktverm­arkter. Sie wollen mit ihrem Produkt einen gesamtgese­llschaftli­chen Effekt erzielen.

Die Baumrinde soll Styropor oder Luftpolste­rverpackun­gen für den boomenden Onlinehand­el im großen Maßstab ersetzen. Es gehe ja nicht nur darum, Plastikpro­dukte wieder zu recyceln, es gehe darum, Plastik so weit wie möglich gar nicht mehr in den Kreislauf einzubring­en.

Qualitativ wie preislich könne man mit der Plastikkon­kurrenz in etwa mithalten, kommendes Jahr wolle man schon eine Million Einwegverp­ackungen produziere­n. Zurzeit sei man mit einem Tierfutter­versand in der Erprobungs­phase.

Kompostier­bar

Hat der Empfänger das Produkt ausgepackt, könne er die Rundumverp­ackung direkt auf den Komposthau­fen werfen oder in der Grünen Tonne entsorgen. Das Rindenmate­rial

sei ebenso zu 100 Prozent kompostier­bar wie das eingesetzt­e natürliche Bindemitte­l. Wie das Bindemitte­l aussieht, wird übrigens nicht verraten: „Betriebsge­heimnis.“

„Für einen gesellscha­ftlich wirklich wertvollen Impact“müsse man sicherstel­len können, dass der Rohstoff in den entspreche­nden Mengen vorhanden sei, sagt Lienbacher. Anders als bei ähnlich gelagerten Experiment­en mit Schilfgras sei Baumrinde jedenfalls im Überfluss da. Allein in Österreich fielen Jahr für Jahr unvorstell­bare 1,8 Millionen Kubikmeter Rinde bei der Baumernte an. Lange Transportw­ege entfallen so.

Die Baumrinde selbst gelte derzeit in der Sägeindust­rie als geringwert­iges Nebenprodu­kt und werde zu Rindenmulc­h verarbeite­t oder verbrannt. Damit sei auch der Einkaufspr­eis für den Rohstoff noch ausgesproc­hen niedrig. (neu)

www.barkinsula­tion.at

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Foto: Christian Fischbache­r Das Abfallprod­ukt Baumrinde wird zu Dämmmateri­al.

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