Mitterlehner fordert Rücktritt von Schmid und Öbag-Aufsichtsrat
Ex-ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner und Christian Kern diskutierten mit Expertinnen über die Zukunft des Staates als Unternehmer
Wien – Es ist eine ideologisch aufgeladene Diskussion, sagt Barbara Blaha. Nach jedem Skandal im öffentlichen Dienst und bei staatsnahen Betrieben fange eine Debatte darüber an, ob der Staat Unternehmen führen könne. Umgekehrt sei das aber nie der Fall: „Nach dieser Logik müssten wir uns solche Fragen doch genauso bei privaten Unternehmen stellen, wenn etwas schiefgeht. Wenn Boeing zwei Flugzeuge vom Himmel fallen, fangen wir aber auch nicht an zu diskutieren: Müssen wir den Konzern verstaatlichen?“
Blaha vom sozialliberalen Momentum-Institut war einer der prominenten Gäste beim Videotalk „STANDARD mitreden“, das diese Woche im Zeichen der Öbag-Chats und der Frage stand, was der Staat als Unternehmer tauge.
Der frühere ÖVP-Chef und langjährige Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sieht Raum für den Staat als Unternehmer: Bei Energieunternehmen wie der OMV oder wichtigen Infrastrukturbetrieben sei das sogar wichtig. Der Staat könne Arbeitsplätze sichern und vor einem Ausverkauf der Betriebe, etwa in Richtung China, schützen. Aber die Spielregeln müssten eingehalten werden. An dieser Stelle wurde Mitterlehner deutlich und ging auf die SMS zwischen Kanzler Sebastian Kurz, Finanzminister Gernot Blümel und Thomas Schmid anlässlich der Öbag-Gründung ein. „Die politische Tätigkeit wird nicht mehr als Dienst am Staat gesehen. Das Familiengeschäft – du kriegst alles – steht da im Vordergrund“, so Mitterlehner. Er fordert Konsequenzen, sowohl Thomas Schmid als auch ÖbagAufsichtsratschef Helmut Kern müssten gehen. „Der Schaden in der Reputation ist da. Wo sollen die noch auftreten?“, so Mitterlehner.
Ebenfalls zu Gast war Christian Kern, der ein gemischtes Bild zeichnete: Tatsächlich gebe es eklatante Fälle von miserabel geleiteten Staatsbetrieben. Auch in der ÖBB, der er lange vorstand, sei Tradition gewesen, „dass jede Partei ihre Plüschtiere“untergebracht habe. Doch auch in Privatunternehmen finden sich ungeeignete Manager.
Gestritten wurde darüber, welche Rolle dem Staat in Krisensituationen zukommt, etwa im Falle der AUA, die aufgefangen werden musste – oder aktuell MAN. Kern sprach sich hier für Beteiligungen aus, wenn der Staat schon Kapital gibt.
Dem widersprach Monika KöpplTuryna, die Chefin des wirtschaftsliberalen Thinktanks Eco Austria: Manager, die ihre Branche kennen, können bessere Entscheidungen treffen als irgendwelche entsendeten Staatskommissäre, dafür gebe es klare Hinweise in wissenschaftlicher Literatur. Und: Wenn der Staat erfolgreich Betriebe stabilisiert, habe er immer etwas davon, weil dann Steuereinnahmen später sprudeln und Jobs gerettet werden. (szi)