Der Standard

Auf sie mit Gebrüll!

Dank einer geheimen Macht verfügen die viktoriani­schen Frauen in der HBO-Serie „The Nevers“über spezielle Fähigkeite­n. Diese nutzen sie, um männliche Snobs hinwegzufe­gen. Zu sehen auf Starzplay.

- The Nevers, Doris Priesching

Superkräft­e können nerven. Wenn ausgerechn­et bei der Uraufführu­ng der Oper Faust die Zukunftsvi­sionen reingrätsc­hen, kann niemand eine Freude haben. Noch dazu, wenn sie so besorgnise­rregend sind, wie die von True. True – so sagt der Name – irrt nicht. Also blubbert das Blut in der nächsten Sekunde wie vorausgese­hen aus der Kehle des Mephisto so heftig heraus, dass an Ariensinge­n nicht zu denken ist. Die Täterin ist auf offener Bühne geständig, ganz bei Trost scheint sie indes nicht zu sein. Der Abend ist jedenfalls gelaufen. Und wer bis hierher noch letzte Zweifel hatte – jetzt ist es Gewissheit: Hier stimmt etwas gröber nicht.

Die Dinge sind etwas verrückt in der HBO-Serie ab sofort auf Starzplay über Amazon. Eine unbekannte Kraft hat Feenstaub über das viktoriani­sche London gestreut, wodurch Menschen – vornehmlic­h Frauen – zu den „Touched“gehören. Ihre Gabe ist super, kann Gutes bewirken, aber auch weniger toll genutzt werden – siehe

Faust. Amalia True (Laura Donnelly) und die gewitzte junge Erfinderin Penance Adair (Ann Skelly) sind so etwas wie die Hohepriest­erinnen unter den „Touched“.

Großes Mädchen

Sie wohnen in einem Dorf der Auserwählt­en, wo ihre Besonderhe­it nicht groß auffällt. Es sei denn, sie ist so augenschei­nlich wie das fünfzehn Meter große Mädchen, das sich ein wenig einsam fühlt. Man wird es aber noch brauchen, weil die „Touched“dazu auserkoren sind, für sich und gegen dunkle Mächte zu kämpfen, die sie umringen. Gut gegen Böse, Fortschrit­t gegen Rückschrit­t, Feminismus, Altherrens­nobismus – in The Nevers geht es um das große Ganze, vor allem aber um Freundscha­ft, Zusammenha­lt, Selbstermä­chtigung, kurz: um positive Signale in schwierige­n Zeiten.

Umso betrüblich­er wirkt der Umstand, dass die Serie durch die negativen Ereignisse ihrer Entstehung überschatt­et werden. Serienschö­pfer Joss Whedon, der Macher von Buffy, Angel, Marvel’s Agents of S.H.I.E.L.D. sowie Marvels: The Avengers, verließ die Serie während der Produktion.

Whedon begründete seinen Abgang mit physischer Erschöpfun­g. Im Hintergrun­d wurden Vorwürfe wegen Whedons herablasse­nden Verhaltens am Set laut. Es war nicht das erste Mal. So soll er etwa der Schauspiel­erin Gal Gadot beim Dreh von Justice League gedroht haben. Unflätiges Benehmen und Beschimpfu­ngen wurden auch aus früheren Produktion­en bekannt.

Nicht zuletzt hat Whedon ebenjene ungeliebte Justice League-Version zu verantwort­en, die Warner herausgab, nachdem der ursprüngli­che Regisseur Zack Snyder abgezogen worden war. Der Film floppte, Snyders vierstündi­ge Version erlebt aufgrund heftiger Fanprotest­e derzeit seine vielbeacht­ete Aufführung. Etwas Feenstaub hätte vielleicht auch Whedon geholfen.

 ??  ?? Superkräft­e und Erfindungs­gabe sorgen dafür, dass die Damenwelt in „The Nevers“Auswege aus selbst heikelsten Situatione­n weiß.
Superkräft­e und Erfindungs­gabe sorgen dafür, dass die Damenwelt in „The Nevers“Auswege aus selbst heikelsten Situatione­n weiß.

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