Minister für unpopuläre Entscheidungen
Der Allgemeinmediziner Wolfgang Mückstein folgt Rudolf Anschober auf grüner Regierungsseite als Gesundheitsminister nach. Die aktuellen Lockdowns hält der neue Minister für notwendig.
Zum Schluss ging alles Schlag auf Schlag. Nach anhaltenden Spekulationen über eine Rückkehr oder einen Rücktritt des kränkelnden Gesundheitsministers verkündete am Dienstag Vizekanzler Werner Kogler in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz den Amtsnachfolger von Rudolf Anschober (beide Grüne): Der Mediziner Wolfgang Mückstein soll am Montag als Sozialund Gesundheitsminister angelobt werden. Bis dahin übernimmt Kogler die Agenden. Nur wenige Stunden zuvor verkündete Anschober – sichtlich emotional – seinen Abgang nach rund 15 Monaten als Ressortchef. Diese Zeit hätte sich allerdings „wie 15 Jahre“angefühlt.
Mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe es bereits ein erstes Gespräch gegeben, erklärte Kogler bei der Präsentation des Neulings. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen sei über den Neuzugang im grünen Regierungsteam informiert.
Mückstein ist im Vorstand der Grünen Ärztinnen und Ärzte innerhalb der Ärztekammer und Mandatar in der Sektion Allgemeinmedizin der Ärztekammer Wien. In der Kammer setzte er sich bisher vor allem für Kassenärztinnen und transparentere Abläufe ein. Er kenne daher die Akteurinnen und Akteure der Gesundheitspolitik, sagte Kogler über den künftigen Minister an seiner Seite. Als Arzt sei dieser zudem mit den gesundheitlichen und sozialen Problemen der Bevölkerung befasst. Und: „Er packt an.“Das habe er bereits bewiesen.
Der designierte Gesundheitsminister Mückstein wiederum betonte, er habe nicht leichtfertig zugesagt. Am Montag sei Kogler mit dem Angebot an ihn herangetreten. „Es war eine schwierige Entscheidung, aber ich möchte mithelfen, dass wir alle miteinander so gut wie möglich durch diese Pandemie kommen und die Krise bewältigen“, sagte er. „Ich habe großen Respekt vor dieser Aufgabe“, so Mückstein. Die Bewältigung der Pandemie benötige „unsere ganze Kraft“.
Auf einer Linie
Durch den Wechsel an der Spitze des Ressorts wird sich an der dortigen Politik wohl nicht viel ändern. Von Anschober wurde Mückstein bereits im Herbst in die Erstellung der Teststrategie für den niedergelassenen Bereich eingebunden. Dabei trat er auch bei Pressekonferenzen gemeinsam mit dem nun scheidenden Gesundheitsminister auf. „Die Vorteile liegen auf der Hand, das Ergebnis ist in 15 Minuten da und der Abstrich einfach durchzuführen“, warb Mückstein damals für den breiten Einsatz von Schnelltests, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Als Berater wurde der Mediziner auch bei der Erarbeitung der Impfstrategie von Anschober beigezogen und soll dabei eine federführende Rolle eingenommen haben.
„Vielen Dank und willkommen im Team“, gab sich Kogler am Dienstag erfreut über Mücksteins Zusage. Dabei war der Arzt schon einmal Teil des grünen Teams. Im Herbst 2019 verhandelte Mückstein an der Seite von Kogler mit der ÖVP die Kapitel Gesundheit und Soziales für den Juniorpartner.
Damals habe man Mückstein als „kompetenten Mediziner“kennengelernt, hieß es in einer Aussendung der ÖVP. Mit ihm habe man in der Koalition einen Partner, mit dem man „mit voller Kraft den Kampf gegen die Pandemie“weiterführen könne, erklärte der türkise Klubobmann August Wöginger. Die Neos stellten hingegen erste Forderungen an den Neuen. Es brauche „Öffnungskonzepte für alle Bereiche“, damit die Menschen „wieder mehr Normalität zurückbekommen“. Als
„vergebene Chance“bezeichnete der pinke Gesundheitssprecher Gerald Loacker, dass kein eigenes Gesundheitsministerium geschaffen wird. Das aktuelle sei in der Krise zu groß.
Der Wechsel an der Spitze des Gesundheitsministeriums kommt zu keinem guten Zeitpunkt. Mückstein muss seine Arbeit mitten in der dritten Welle der Corona-Pandemie aufnehmen. Gerade im Osten arbeiten die Krankenhäuser derzeit an ihren Kapazitätsgrenzen. Daher stellte der Minister in spe klar, wohin mit ihm die Reise gehen würde: „Wenn Intensivstationen – wie in Wien – an ihre Grenzen kommen, dann bin ich für einen Lockdown, um Menschenleben zu retten.“Denn der „Kampf um Leben und Tod“werde von den Intensivmedizinerinnen und -medizinern geführt.
Großer Respekt
Aufgrund der aktuellen Situation habe er „großen Respekt“vor Wiens Landeschef Michael Ludwig (SPÖ) und Niederösterreichs Landeschefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die sich für eine Verlängerung der ursprünglich sechstägigen Osterruhe ausgesprochen haben. Am Dienstag wurden in der Ostregion mehr als 1000 Neuinfektionen in nur 24 Stunden gemeldet. Auch er werde „unpopuläre Entscheidungen“treffen, sagte Mückstein, das sei schließlich der Job des Gesundheitsministers.