Der Standard

Das Tor nach Europa soll geschlosse­n bleiben

Strenge Maßnahmen in Spanien und Portugal sollen die P.1-Mutation des Coronaviru­s fernhalten

- Reiner Wandler aus Madrid

Das Covid-Chaos in einigen lateinamer­ikanischen Ländern – allen voran Brasilien – bereitet in Spanien und Portugal Kopfzerbre­chen. Die beiden ehemaligen Kolonialmä­chte sind wie kein anderes Land der Europäisch­en Union der Gefahr ausgesetzt, dass sich P.1, die Mutation aus Brasilien, auch auf dieser Seite des Atlantiks ausbreitet. „Es ist die Variante, die uns am meisten Sorgen bereitet“, erklärt Matilde Cañelles, Forscherin des spanischen Wissenscha­ftsrats (CSIC), der dortigen Presse. In Brasilien lägen „viele junge Leute auf der Intensivst­ation“.

Allerdings sei noch nicht klar, ob dies der Aggressivi­tät des P.1 geschuldet sei oder der schlechten Gesundheit­spolitik der brasiliani­schen Regierung. Nur so viel ist klar: Die Pandemie ist in dem südamerika­nischen Land außer Kontrolle. Seit Beginn der Krise sind mehr als 13 Millionen Menschen nachweisli­ch an Covid erkrankt. Wie hoch die Dunkelziff­er im Reiche des Negationis­ten

und Staatspräs­identen Jair Bolsonaro ist, weiß niemand.

In Lissabon und Madrid haben nur wenige Lust, im eigenen Land herauszufi­nden, ob denn nun P.1 aggressive­r ist als alle anderen Varianten oder doch nicht. Sie verweigern die Einreise aus Brasilien und umliegende­n Ländern so gut wie irgend möglich.

Keine Direktflüg­e

Die portugiesi­sche Regierung unter dem Sozialiste­n António Costa hat mit die schärfsten Bestimmung­en für internatio­nale Flüge erlassen. Mit Brasilien sind die direkten Flugverbin­dungen seit dem 29. Jänner bis auf weiteres storniert. Wer aus einem Land mit einer 14-Tages-Inzidenz von mehr als 150 pro 100.000 Einwohner kommt, darf nur in dringenden Fällen und mit einem negativen PCR-Test einreisen. Wer aus einem Land kommt, in dem mehr als 500 Neuinfekti­onen gemeldet werden, muss zwei Wochen in Quarantäne. Selbst die Grenze zu Spanien ist bis mindestens Anfang Mai dicht.

Dort ergriff die Koalitions­regierung aus Sozialiste­n und Linksalter­nativen unter Pedro Sánchez ähnliche Maßnahmen. Brasiliane­r dürfen ebenso wie Südafrikan­er – auch dort gibt es mit B.1.351 eine neue Variante – nicht einreisen. Spanier oder in Spanien ansässige Ausländer dürfen zurückkomm­en, müssen aber zehn Tage in Quarantäne. Das Gleiche gilt für weitere zehn lateinamer­ikanische und afrikanisc­he Länder. Die Regelung gilt seit dem 22. Februar. Ein Ende wurde bisher noch nicht festgelegt.

In Spanien mit rund 47 Millionen Einwohnern wurden bisher 3,3 Millionen Covid-Infektione­n festgestel­lt, 76.525 Menschen starben. In Portugal mit zehn Millionen Einwohnern sind es rund 830.000 Fälle und etwas weniger als 17.000 Tote.

Noch sind die Zahlen der festgestel­lten Infektione­n mit der Variante aus Brasilien gering. In Portugal sind laut Gesundheit­sministeri­um 0,4 Prozent der neuen Fälle auf die P.1-Variante aus Brasilien zurückzufü­hren. In Spanien wurden insgesamt 32 Fälle ausgemacht. Drei davon seien – so die Behörden – Einzelfäll­e, der Rest gehört zu sieben exakt eingegrenz­ten Infektions­herden.

Beide Länder auf der Iberischen Halbinsel haben ein elementare­s Interesse daran, dass sich P.1 nicht ausweitet. Sie werben für die sichere Rückkehr der Touristen im Sommer. Sollte P.1 außer Kontrolle geraten, könnte das Virus als unerwünsch­tes Souvenir mit gen Norden reisen.

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Foto: AFP / Jaime Reina Für Einreisen nach Spanien und Portugal gelten strenge Regeln.

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