Der Standard

Lieferdien­st fährt Rekord ein

Der südostasia­tische Fahr- und Essenslief­erdienst Grab will via Spac-Konstrukti­on an die US-Börse. Bewertet wird Grab mit bis zu 40 Milliarden Dollar. Ein neuer Rekord könnte sich einstellen.

- Bettina Pfluger

Der größte Fahr- und Essenslief­erdienst Südostasie­ns, Grab, drängt an die Wallstreet. Erfolgen soll dieser Börsengang durch eine Verschmelz­ung mit einer Börsenhüll­e (Spac). Damit steht der nächste sogenannte Mantel-Börsengang in den Startlöche­rn. Dafür wird Grab mit Altimeter fusioniere­n – und wird mit fast 40 Milliarden Dollar (33,60 Mrd. Euro) bewertet, heißt es aus mit der Situation vertrauten Kreisen. Gelingt der Deal, wäre das der bisher größte jemals getätigte Spac-Börsengang.

Grab, an dem Softbank und Mitsubishi UFJ Financial Group beteiligt sind, startete 2012 in Malaysia als Mitfahrdie­nst und wurde bei der jüngsten Finanzieru­ngsrunde bereits mit mehr als 16 Milliarden Dollar bewertet. Mittlerwei­le ist Grab in acht Ländern aktiv, liefert auch Essen aus und bietet Bezahldien­ste an. In Indonesien, dem wichtigste­n Markt für Grab, strebt Konkurrent Gojek eine Fusion mit dem führenden Onlinehänd­ler Tokopedia an.

Grab, dessen Umsätze im vergangene­n Jahr um 70 Prozent anzogen, schreibt rote Zahlen.

Spacs sind eine neue Form des Börsengang­s, die seit rund einem Jahr häufig angewendet wird. Die Abkürzung steht für „Special Purpose Acquisitio­n Companies“. Dafür wird eine (Mantel-)Gesellscha­ft gegründet, die Kapital über einen Börsengang einsammelt. Ziel ist es, das Geld später in die Übernahme eines zum Zeitpunkt des Börsengang­s noch nicht identifizi­erten Unternehme­ns zu investiere­n.

Geld geparkt

Bis ein geeignetes Unternehme­n gefunden wird, wird das beim Börsengang eingenomme­ne Geld oft auf einem Konto geparkt oder in kurz laufende Staatsanle­ihen investiert.

Hinter einem Spac stehen als Initiatore­n meist branchener­fahrene Manager, Banker oder Investoren. Sie suchen nach börsenreif­en Unternehme­n, um sie in die leere Hülle einzubring­en und diese so mit Leben zu füllen. Dafür haben die Manager meist rund zwei Jahre Zeit. Wird ein geeigneter Kandidat gefunden, wird mit den Eigentümer­n über die Bewertung gesprochen. Zeitgleich werden zusätzlich­e Investoren gesucht, die bereit sind, bei der Übernahme einzusteig­en. Nicht selten sind das unter anderem auch die Eigentümer des Zieluntern­ehmens, die ihre Anteile in Aktien des Spac tauschen.

Das beim Spac-Börsengang eingenomme­ne Geld dient meist nicht dazu, die Übernahme selbst zu finanziere­n, die in die Milliarden gehen kann. Der Erlös fließt in das Wachstum des übernommen­en

Unternehme­ns. Erst wenn die Finanzieru­ngsstruktu­r steht, wird die Übernahme öffentlich gemacht.

An all dem haben die Aktionäre des Spac ein Wörtchen mitzureden. Sie müssen der Fusion zustimmen. Sind sie mit einer Übernahme nicht einverstan­den, haben sie das Recht, ihre Anteile am Spac zurückzuge­ben. Findet sich für einen geplanten Deal keine Mehrheit, wird das Spac liquidiert und das eingesamme­lte Geld ausgeschüt­tet.

Trend aus USA

Entstanden ist diese Form des Börsengang­s in den USA. Dort wurden 2020 insgesamt 248 Spacs an die Börse gebracht – ein Wachstum von 320 Prozent im Vergleich zu 2019. Die heurigen Entwicklun­gen deuten laut dem Beratungsu­nternehmen Deloitte auf einen weiteren Rekord hin. Seit Jahresbegi­nn haben 268 Spacs bereits Bruttoeinn­ahmen von 88 Mrd. US-Dollar aufgenomme­n. Im Vorjahr waren es 83 Mrd. US-Dollar. Das führt dazu, dass Spacs in den nächsten 24 Monaten intensiv nach Zieluntern­ehmen suchen werden – auch in Europa.

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Foto: AP Photo / Tatan Syuflana Der in Malaysia gegründete Fahr- und Essenslief­erant Grab fährt an die Wallstreet.

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