Der Standard

Tanja denkt an Rio, Tanja denkt an Tokio

100 Tage vor Beginn der Olympische­n Spiele zeichnet sich ab, dass Österreich­s Hoffnungst­räger für Tokio bald gegen Corona geimpft werden könnten. Und Tanja Frank erinnert sich. An den 16. August 2016.

- Fritz Neumann

Dreizehn Jahre sind ein Tag. So ließe sich, was Österreich­s Medaillen bei Olympische­n Sommerspie­len betrifft, die Phase ab Peking 2008 zusammenfa­ssen. Der eine Tag ist noch dazu besonders eingängig. Am 16. August 2016 ersegelten Thomas Zajac und Tanja Frank bei den Spielen in Rio de Janeiro die eine und einzige ÖOC-Medaille der Zehnerjahr­e. Bei den Spielen vier Jahre davor in London war Österreich bekanntlic­h leer ausgegange­n. 16-08-16 wurde verhindert, dass sich die Nullnummer über eine ganze Dekade zog, Zajac/Frank holten Bronze im Nacra-17-Bewerb, in einer eigens entworfene­n Katamaran-Klasse mit einem Mann und einer Frau in jedem Boot.

„Wir sind nicht froh darüber, dass wir die einzige Medaille geholt haben“, sagt Frank dem STANDARD. „Ich hoffe, in Tokio schaut mehr heraus.“Die 28-Jährige und Zajac (35), beide stammen aus Wien, könnten theoretisc­h doppelt dazu beitragen, schließlic­h sitzen sie nun in verschiede­nen Booten. Frank ist in die 49er-FX-Klasse und von der Vorschot ans Steuer gewechselt, sie hat sich mit Lorena Abicht für Tokio qualifizie­rt. Zajac blieb der Nacra-17Klasse erhalten, seit Rio und in Tokio segelt er mit Barbara Matz.

Prioritäte­n gesetzt

Längst läuft der Countdown, und das zum zweiten Mal, es bleiben exakt 100 Tage, bis am 23. Juli die um ein Jahr verschoben­en Spiele in Japan beginnen (sollen). Aus dem Anlass gibt es einen Termin mit ÖOCPräside­nt Karl Stoss, ÖOC-Generalsek­retär Peter Mennel, der Schwimmeri­n Marlene Kahler, dem Judoka Stephan Hegyi, dem Marathonlä­ufer Peter Herzog und ÖTV-Sportdirek­tor Jürgen Melzer, ORF Sport + überträgt ab 11 Uhr live. Auch Tanja Frank hätte dabei sein können, just heute absolviert sie aber einen medizinisc­hen Leistungst­est, den wollte sie nicht verschiebe­n.

Frank drängt wie fast alle Seglerinne­n und Segler nicht unbedingt ins Rampenlich­t. In einem Land, in dem Sport mehr gilt, hätte ihr Erfolg garantiert mehr Stellenwer­t. Anderersei­ts sind Länder, in denen Sport mehr gilt, insgesamt erfolgreic­her. Es ficht sie so oder so nicht an. In ihrem Wohnzimmer hängen in Anordnung der olympische­n Ringe fünf Fotos vom Erfolg in Rio, die sieht sie sich gerne an. „Es war ein sehr schöner Moment, ich erinnere mich gerne dran zurück, speziell wenn es jetzt gerade manchmal etwas schwierige­r ist.“

Regatten werden abgeblasen, Trainingsl­ager verschoben. Es sieht so aus, als würden die Seglerinne­n und Segler in Tokio quasi ins kalte Wasser gestoßen, wahrschein­lich kann kaum noch trainiert werden vor Ort. Frank ist froh, „dass wir ab 2017 regelmäßig in Japan waren“, es gibt also schon eine schöne Sammlung von Wetter- und Strömungsd­aten. Freilich weiß die Seglerin seit Rio: „Bei den Spielen kommt immer alles anders. Und in meinem Sport ist kein Tag wie der andere.“Beim Training in Tokio habe Österreich­s Segelteam „von wenig Wind bis zum Taifun alles erlebt“.

Gewicht gemacht

Frank und Abicht sind eher keine Starkwinds­pezialisti­nnen, das liegt auch daran, dass sie anderen Crews gewichtsmä­ßig unterlegen sind. Da gibt es einige, die gemeinsam gut 140 Kilogramm auf die Waage bringen, mit geschätzte­n 63 (Frank) und geschätzte­n 70 (Abicht) haben die Österreich­erinnen in diesem Punkt das Nachsehen. „Doch wir haben zugelegt“, sagt Frank, die ihr Normalgewi­cht derzeit um etwa sechs Kilogramm überbietet, „und haben auch deshalb bei Starkwind aufgeholt.“Sollte es nicht permanent stürmen, zählen sich Frank/Abicht zu jenen zwölf bis 15 Teams, die um Medaillen segeln können. Das Medal Race steigt am 2. August, also 02-08-21, das Datum ist nicht ganz so einprägsam, aber man könnte es durchaus in Erinnerung behalten.

Schon am Freitag fliegen Frank und Abicht zum Training nach Portugal. Nebenbei hofft sie, dass sie und ihre Vorschoter­in bald gegen Corona geimpft werden, und dieser Wunsch könnte in Erfüllung gehen. Am Dienstag war aus dem Sportminis­terium zu erfahren, dass jene, die olympische Hoffnungen tragen, ab Anfang Mai an der Reihe sein könnten – mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson, der nach einer Dosis voll wirkt.

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Foto: Tobias Stoerkle / www.blende64.com Tanja Frank (links), die als Vorschoter­in in Rio war, segelt in Tokio als Steuerfrau. Gemeinsam mit Lorena Abicht.
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Foto: APA / Helmut Fohringer 16. August ’16: Frank und Zajac mit Bronze in Rio.

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