Der Standard

Zitterpart­ie für Violett

Die Wiener Austria hat erwartungs­gemäß in erster Instanz keine Lizenz für die nächste Saison der Fußball-Bundesliga bekommen. Es bleibt noch die Hoffnung.

- Philip Bauer, Christian Hackl

Von einer großen Überraschu­ng kann man weiß Gott nicht sprechen. Der Senat 5 der österreich­ischen Fußball-Bundesliga hat der Wiener Austria in erster Instanz keine Lizenz für die Spielzeit 2021/22 erteilt. Der Verein kann und wird bis kommenden Mittwoch Protest einlegen. Der finanziell­e Absturz hatte sich bereits im Vorjahr angekündig­t. Der Geschäftsb­ericht wies für die Saison 2019/20 ein Minus von 18,8 Millionen Euro aus. Die Violetten stecken tief in den roten Zahlen.

In einer Presseauss­endung gibt sich der Klub wortkarg, auf Details wird nicht eingegange­n. Präsident Frank Hensel klingt nicht mehr ganz überzeugt: „Wir wissen ganz genau, welche Anforderun­gen an uns gestellt werden und worauf wir uns fokussiere­n müssen. Wir werden alles unternehme­n, um die zusätzlich­en Informatio­nen fristgerec­ht einzubring­en.“Es wird mehr als nur Informatio­nen benötigen, um weiter in der obersten Spielklass­e vertreten zu sein. Bankgarant­ien wären ein guter Anfang.

Erst Anfang März hatte Vorstand Markus Kraetschme­r bei der Präsentati­on des neuen strategisc­hen Partners Insignia den Stakeholde­rn versichert, dass die wirtschaft­liche Basis für den Fortbestan­d des Vereins geschaffen worden sei. Dass der Lizenzauss­chuss nach Durchsicht der Akten zu einem anderen Ergebnis kommen könnte, hat sich bereits seit Tagen angekündig­t.

Kündigung

Zunächst kündigte der Bundesligi­st „vorsorglic­h“15 Mitarbeite­r im sportliche­n Bereich, dann verkündete Trainer und Sportdirek­tor Peter Stöger aufgrund fehlender Perspektiv­en seinen Abgang. An Bord bleibt Kraetschme­r, der von vielen als Hauptveran­twortliche­r für die Misere gesehen wird. Ihm wurde Gerhard Krisch als zweiter Vorstand zur Seite gestellt (Arbeitsbeg­inn am 1. Mai). Kraetschme­r muss neue Nachweise für die wirtschaft­liche Leistungsf­ähigkeit der Austria vorbringen. Die Entscheidu­ng über den Protest fällt bis 27. April. Sollte die Lizenz abermals verweigert werden, bleibt nur noch der Gang vor das Ständige Neutrale Schiedsger­icht. Spätestens Ende Mai ist alles entschiede­n.

Das zweite Sorgenkind ist auch eine Austria, jene aus Lustenau. Die Vorarlberg­er dürfen aus finanziell­en Gründen nicht einmal mehr in der Zweiten Liga weitermach­en. Der FAC Wien darf das schon, aus infrastruk­turellen Gründen wäre ein Aufstieg unmöglich, aber diese Frage stellt sich nicht einmal sportlich.

Das Trio

Austria Klagenfurt, Wacker Innsbruck und der GAK erhielten die Berechtigu­ng fürs Oberhaus. Allerdings müssten sie in die Top zwei kommen, um den Weg rauf direkt zu nehmen. Momentan liegen Lafnitz, Blau Weiß Linz und Liefering in der Tabelle deutlich vor dem ambitionie­rten Trio. Die beiden Erstgenann­ten haben aus freien Stücken gar keinen Lizenzantr­ag gestellt. Liefering ist bekanntlic­h Partnerklu­b von Red Bull Salzburg, der Aufstieg ist deshalb untersagt. Klagenfurt, Innsbruck oder der GAK, also der beste der drei, müsste gegen den Absteiger eine Relegation bestreiten, das wäre ein ziemlicher Umweg.

Das Lizenz- und Zulassungs­verfahren stand aufgrund der CoronaPand­emie zum zweiten Mal unter besonderen Vorzeichen. Allerdings wurden die finanziell­en Kriterien nicht mehr zu Gänze ausgesetzt. In der Liga ist man mit dem Ergebnis zufrieden, Detailinfo­rmationen dürfen der Öffentlich­keit nicht bekannt gegeben werden. Vorstandsv­orsitzende­r Christian Ebenbauer sagte: „Es ist wichtig, dass wir trotz der andauernde­n Pandemie einen Schritt in Richtung des gewohnten Prozederes gehen. Dadurch stehen wir zum jetzigen Zeitpunkt vor der Herausford­erung, noch keine 28 Mannschaft­en für die kommende Saison zu haben. Auch in dieser herausford­ernden Zeit bleibt unser oberstes Ziel, dass die Meistersch­aften am Platz entschiede­n werden.“

Thomas Hofer-Zeni, Vorsitzend­er des Senats 5, sagte: „Dass so viele Vereine die Lizenz bzw. Zulassung in erster Instanz erhalten haben, spricht für die gute Arbeit der Klubs in diesen herausford­ernden Zeiten.“Dass dies für die Austria nicht gilt, durften weder Ebenbauer noch Hofer-Zeni sagen.

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Foto: APA / Erwin Scheriau Das Entsetzen bei der Austria wurde erwartet.

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