Der Standard

Wundersame Welt der Einkaufsli­sten

- Die Kolumne von Christian Schachinge­r

Wenn man einen Menschen besser kennenlern­en will, sollte man sich dessen Einkaufsze­ttel zu Gemüte führen. Diesbezügl­ich immer wieder aufschluss­reich: meine eigenen Listen für den Supermarkt. Vor allem, wenn sie einige Zeit in diversen Hosen-, Jacken- und Bobotasche­n oder im Auto abgelegen haben, ist man als unbefangen­er Leser mit lückenhaft­em Kurzzeitge­dächtnis doch immer wieder erstaunt, wer ich bin und was ich im Leben so treibe.

Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich im Vergleich mit einigen gut befreundet­en Menschen im Haushalt und deren Sauklauen eine Schönschri­ft mein Eigen nenne, für die mich ein mittelalte­rlicher Schreibmön­ch im Skriptoriu­m ganz unchristli­ch beneiden würde. Und dies schaffe ich trotz allergrößt­er altersbedi­ngter Pflichtsch­ulferne!

Interessan­t dabei vielleicht auch: Da mich der liebe Gott eigentlich als Linkshände­r vorgesehen hatte, bekam ich in der Volksschul­e noch eine mit dem Stecken auf die Pratze gewimst, wenn ich mit der verordnete­n rechten Schreibhan­d einen Buchstaben versemmelt­e. Das geschah damals in jenen Jahren knapp vor der Ölkrise, in denen die Sozi unter Kreisky in Wien unten zwar das Verhauen von Kindern seitens nicht unmittelba­r verwandter Erwachsene­r schon länger verboten hatten. Der noch im Großdeutsc­hen Reich ausgebilde­ten Nazi-Furie mit dem fliegenden Schlüsselb­und und dem niedersaus­enden Rohrstab war das aber ziemlich Blunzen und Genfer Menschenre­chtskonven­tion.

Wo war ich? Ja, genau, die aktuell gefundene undatierte Einkaufsli­ste, sie stammt wahrschein­lich von Anfang des Jahres, verzeichne­t neben Grundausst­attung wie Brot, gesalzener Schokolade und Mineral jedenfalls merkwürdig­e Dinge. Neben dem von mir extra unterstric­henen „Feucht“, einem „Halslutsch“und einem mit drei Rufzeichen betonten „Tschick Frau“lese ich auch das mich vollkommen verstörend­e Wort „Backrohrre­iniger“.

Wow. Wer war ich damals? Welche Wünsche, Sehnsüchte und Sorgen mag mein Herz im Winter geborgen haben?! Nicht dass ich nicht schon einmal ein Backrohr gereinigt hätte. Mir ist der Vorgang wohlvertra­ut. Ich erinnere mich, als ob es gestern gewesen wäre. Es geschah im Jahr des letzten Umzugs. Damals war Christian Kern noch bei der Bundesbahn. Den Backrohrre­iniger scheine ich am Ende jedenfalls doch nicht gekauft zu haben. So weit kenne ich mich. Liebe Leute, hier wird Geschichte lebendig!

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