Der Standard

Teure Mauschelei­en

- Eric Frey

Die Nachricht, dass sich Unternehme­n der Abfallwirt­schaft durch Absprachen den Markt untereinan­der aufgeteilt haben sollen, sorgte vor einem Monat für Aufsehen. Übersehen wurde dabei, dass bei solchen Mauschelei­en die öffentlich­en Auftraggeb­er oft selbst beteiligt sind.

In vielen Branchen ist es ein offenes Geheimnis, dass bei öffentlich­en Vergabever­fahren der Gewinner schon im Vorhinein feststeht. Die Ausschreib­ung wird so gestaltet, dass nur ein Anbieter die Kriterien erfüllen kann – üblicherwe­ise der Platzhirsc­h, den die Gemeinde oder Behörde gut kennt. Geht es um Technologi­e für die Krankenhäu­ser der Stadt Wien, dann kann Siemens meist mit dem Zuschlag rechnen – wie zuletzt für CT-Anlagen um insgesamt 8,5 Millionen Euro.

Solche Ränke bleiben meist unbemerkt. Die Verlierer werden mit kleineren Aufträgen abgespeist, damit sie stillhalte­n. Wer klagt, verbaut sich die Aussicht auf zukünftige Geschäfte. Doch der japanische Konzern Canon hielt sich nicht an diese ungeschrie­benen Gesetze – wohl auch, weil die Bevorzugun­g von Siemens in diesem Fall zu offensicht­lich war. Er klagte gegen den Zuschlag und erhielt recht.

Dahinter steckt weniger ein politische­r Skandal, wie ihn die Wiener Opposition wegen der engen Beziehunge­n von Siemens zur SPÖ Wien vermutet, als eine bürokratis­che Praxis, die nicht nur in der Bundeshaup­tstadt gang und gäbe ist. Kompetitiv­e Vergabever­fahren mit wenig bekannten Bestbieter­n kosten Zeit und machen Arbeit; deshalb werden sie entweder vermieden oder zumindest frisiert.

Abgesehen davon, dass nationales und EU-Recht gebrochen wird, zahlt die Allgemeinh­eit einen hohen Preis: Aufträge werden teurer und innovative Lösungen seltener. Das Gerichtsur­teil gegen den Wiener Gesundheit­sverbund ist ein lautes Signal, dass das ungeliebte Vergaberec­ht ernst zu nehmen ist.

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