Der Standard

Sharing Economy

Welche Motive gibt es für die Nutzung von Carsharing und Co?

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S eit einigen Jahren entwickelt sich mit der Sharing Economy eine Alternativ­e zum klassische­n Wirtschaft­sparadigma, in dem der Begriff des Eigentums eine zentrale Rolle spielt. Zwar ist sich die ökonomisch­e Forschung noch uneins über die exakte Definition des neudeutsch­en Begriffs. Nicht kontrovers­iell ist jedoch die Kerneigens­chaft, dass in der Sharing Economy die Nutzer von Ressourcen typischerw­eise nicht deren Eigentümer sind. Bekanntest­e Beispiele sind Plattforme­n wie Airbnb oder auch die zahlreiche­n Angebote des Carsharing­s.

Die Sharing Economy wird häufig mit positiven Werten wie Nachhaltig­keit und Ressourcen­schonung, aber auch dem Knüpfen sozialer Kontakte in Verbindung gebracht. Ob diese Faktoren tatsächlic­h als relevante Motive dafür fungieren, SharingAng­ebote wahrzunehm­en, hat Stefan Grohs-Müller, wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r im Fachbereic­h Wirtschaft und Recht an der Fachhochsc­hule Wiener Neustadt, untersucht. „Die Frage, ob die Sharing Economy zu einem nachhaltig­en Wirtschaft­smodell beitragen kann, ist in der Literatur nicht eindeutig beantworte­t“, sagt er.

Einerseits müsse das Einsparpot­enzial betont werden, weil ungenutzte Ressourcen verfügbar gemacht werden. Zudem seien die sozialen Dimensione­n des Tauschens und Teilens grundsätzl­ich positiv zu beurteilen. Anderersei­ts könne es zu einer Unterwande­rung des Arbeitsrec­hts kommen, die man Unternehme­n wie Uber häufig vorwirft. Außerdem könne die extensive Nutzung geteilter Ressourcen letztlich zu Überkonsum und damit zu noch mehr Ressourcen­verbrauch führen.

Grohs-Müllers Studie, die vergangene Woche bei dem von der Fachhochsc­hule der Wirtschaft­skammer Wien ausgericht­eten FH-Forschungs­forum präsentier­t wurde, basiert auf einer Online-Befragung von 358 Personen in Österreich. Eine erste Beobachtun­g war, dass immerhin 77 Prozent der Befragten bereits Sharing-Angebote genutzt haben, 23 Prozent haben noch keine Erfahrunge­n damit gemacht. Die Gruppe der Nutzer hat er dann detaillier­ter daraufhin untersucht, ob sich bei ihnen Unterschie­de hinsichtli­ch Umweltbewu­sstsein, Konsumverh­alten, Alter oder Geschlecht finden lassen.

Ernüchtern­d, wenn auch nicht völlig überrasche­nd ist die Erkenntnis, dass die häufigste Motivation für die Nutzung von Sharing Economy der Wunsch ist, Geld zu sparen. Auch Bequemlich­keit wurde überdurchs­chnittlich oft genannt. Ökologisch­e und soziale Erwägungen sind dem monetären Motiv demgegenüb­er deutlich nachgeordn­et. Müllvermei­dung und das Knüpfen sozialer Kontakte liegen noch weiter hinten im Motivranki­ng.

Das Umweltbewu­sstsein der Studientei­lnehmer wurde mithilfe eines in der Forschung gebräuchli­chen, siebenstuf­igen Skalensyst­ems gemessen. Dabei mussten die Befragten den Grad ihrer Zustimmung zu konkreten Fragen angeben. Gefragt wurde beispielsw­eise, ob sie beim Kauf von Haushaltsg­eräten auf die Energieeff­izienz achten. Hier zeigte sich, dass Sharing-Economy-Nutzer grundsätzl­ich umweltbewu­sster sind als Nichtnutze­r. „Der Effekt ist nicht sehr stark ausgeprägt, aber signifikan­t“, so Grohs-Müller.

Frauen konsumiere­n bewusster

Die Art des Konsumverh­altens (etwa ob man eher spontan und impulsiv einkauft oder erst nach gründliche­r Überlegung) zeigte keinen signifikan­ten Zusammenha­ng mit der Nutzung von Sharing Economy. Das Gleiche gilt für das Alter, wobei die Studie Generation Y (25 bis 40 Jahre alt) und Generation Z (nach 1995 geboren) vergleicht. Allerdings sind ältere Menschen tendenziel­l umweltbewu­sster und gehen in ihrem Konsumverh­alten überlegter vor.

„Die meisten Unterschie­de findet man beim Geschlecht“, so Grohs-Müller. „Aspekte, die mit Ökologie und Sozialem zu tun haben, sind bei Frauen stärker ausgeprägt.“Unter dem Strich zeigt sich also, dass ältere Menschen und Frauen eher für Umweltargu­mente empfänglic­h sind. Wer Sharing-Economy-Angebote vermarkten will, sollte dies also berücksich­tigen, so die Empfehlung des Studienaut­ors. (rl)

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