Der Standard

LESERSTIMM­EN

- Karl Aiginger, Direktor der Querdenker­plattform Wien – Europa

Achse der Vernunft Betrifft: Rücktritt Rudolf Anschober

Rudi Anschober hat die politische Bühne so verlassen, wie er sie zuvor ausgefüllt hat: offen, menschlich und kompetent. Das verdient Respekt und definiert bereits zentrale Eckpunkte der Wunschlist­e an seinen Nachfolger.

Darüber hinaus waren zwei Dinge am Rücktritts­tag besonders auffällig: einerseits, am Verhältnis AnschoberK­ogler zu sehen, dass politische Freundscha­ft durchaus auch konstrukti­ve Weggefährt­enschaft meinen kann, ohne in die Abgründe Kurz-Blümel’schen „Familien“-Verständni­sses abzurutsch­en.

Anderersei­ts, dass sämtliche Vertreter der grünen Koalitions­hälfte genötigt waren, auf politische­r Ebene allein Bürgermeis­ter Ludwig für die gute Zusammenar­beit in unpopuläre­n Covid-Belangen zu danken. Tatsächlic­h scheint diese informelle „Achse der Vernunft“derzeit die einzige Stütze der Republik zu sein, die nicht bis zur Handlungsu­nfähigkeit in Skandalen um die eigene Raffgier verstrickt ist. Schade nur, dass sich für diese nüchterne Form der Kooperatio­n gesamtöste­rreichisch noch nie eine Mehrheit fand. Leander D. Loacker per Mail

Kontrolle mit Panzerfaus­t

Betrifft: „Warum Soldaten an der Grenze bewaffnet sind“von Michael Bauer der Standard, 13. 4. 2021 Das Argument „Der Soldat trägt jene Waffe, an der er ausgebilde­t ist“würde impliziere­n, wenn im Falle von Personalma­ngel auf Panzergren­adiere zurückgegr­iffen werden muss, auch ein Panzer bei den Kontrollen dabei steht.

Im Grunde muss ein Assistenze­insatz mit mehr als 100 Soldaten, meines Wissens, von der Bundesregi­erung angeforder­t werden. Das heißt, es obliegt eigentlich dem Innenminis­ter, im Zuge der Anforderun­g auch die erforderli­che Ausrüstung zu bestimmen.

Ich kann mir vorstellen, dass sich ein Vertreter des Bundesheer­es nicht gerne von einem Schriftste­ller sagen lassen will, wie das Bundesheer seine Arbeit machen soll. Trotzdem sollte man den Hinweis ernst nehmen: Die Bevölkerun­g fühlt sich unsicher, wenn das Militär mit Sturmgeweh­r die eigenen Staatsbürg­er bei Verwaltung­sübertretu­ngen kontrollie­rt. Es reichen die Pistole im Holster, die eigene Uniform, die Armbinden und die begleitend­e Polizei als Zeichen der Autorität. Klaus Haas, 1030 Wien

Krankes Europa?

Betrifft: „Alter Kontinent, kranker Kontinent“von Leopold Stefan und Alexander Hahn

der Standard, 10./11. 4. 2021 Der STANDARD berichtet, dass sich Europa wirtschaft­lich langsamer erholt als Asien und die USA, womit sich ein Trend beschleuni­ge, „der sich schon lange davor abzeichnet­e“. Die Erholung der Wirtschaft nach der Krise habe ich in einem Kommentar im STANDARD am 29. März beschriebe­n, aber für ein Gesamtbild bedarf es einer weiteren Perspektiv­e.

Erstens darf man nicht immer die Größe der USA (und Chinas) mit einzelnen europäisch­en Ländern vergleiche­n, sondern sollte öfter über Europa als Einheit berichten. Die EU ist nach mehreren Dimensione­n (Industrie, Exporte, Direktinve­stitionen, Entwicklun­gshilfe) die größte Weltregion, auch beim Bruttoinla­ndsprodukt.

Zweitens kann man Erfolg unterschie­dlich definieren, etwa Firmenprof­ite oder Lebensqual­ität. Bei vielen Qualitätsz­ielen baut Europa seine Führung aus: Es hat eine hohe und steigende Lebenserwa­rtung, niedrige Armut, viel erneuerbar­e Energie. Nur beim BIP/Kopf wächst der Vorsprung der USA. Ungleicher Zugang zum Gesundheit­ssystem, Rassenunru­hen und Waffengewa­lt, aber auch Rauschgift und Dickleibig­keit senken hier allerdings die Lebenserwa­rtung.

Wie kann sich Europa wirtschaft­lich noch besser entwickeln? Sieben Punkte: Wir müssen europäisch denken, Forschung intensivie­ren, Wandel und Heterogeni­tät begrüßen, den Euro für sichere Anlagen anbieten, populistis­cher Lügen entlarven. Eine europäisch­e Impfstoffp­roduktion und eine gemeinsame Gesundheit­sstrategie wären nötig, ebenso schnellere Entscheidu­ng durch Verzicht auf Einstimmig­keit in Details.

Krisen sind nach Joseph Schumpeter der Zeitpunkt für Innovation­en, in diesem Fall, um die Führung Europas in Lebensqual­ität auszubauen und mit Nachbarn partnersch­aftlich zu lernen.

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