Der Standard

Impfen trotz Schwangers­chaft oder Kinderwuns­ch?

Mediziner raten zur Nutzen-Risiko-Abwägung

- Julia Palmai

Während man zu Beginn der Pandemie noch davon ausging, dass Schwangere von Covid-19 nicht schwerer betroffen sind als andere Personengr­uppen, wurde dies mittlerwei­le revidiert. Nach aktuellem Kenntnisst­and sind „schwere Verlaufsfo­rmen von Covid-19, die zu einer stationäre­n Aufnahme oder einer intensivme­dizinische­n Versorgung führen, bei Schwangere­n um etwa das Zweifache erhöht“, berichtet Petra Pateisky, Fachärztin für Geburtshil­fe und feto-maternale Medizin an der MedUni Wien, bei einem Pressegesp­räch am Mittwoch. Das entspricht ungefähr den Werten, die man von der Influenza kennt.

Über 85 Prozent der schwangere­n Frauen mit Covid-19 weisen jedoch nur leichte oder mittelschw­ere Symptome auf – ähnlich einer Erkältung. Eine Covid-19-Infektion in der Schwangers­chaft könnte auch mit einer erhöhten Wahrschein­lichkeit von Präeklamps­ie, einer speziellen Form von Bluthochdr­uck, einhergehe­n, erklärt die Gynäkologi­n. Laut Studien sei auch das Gesamtrisi­ko für eine Frühgeburt im Vergleich zu Schwangere­n ohne Covid-19 etwa um das Dreifache erhöht.

Risiken minimieren

Um das Risiko für Schwangere zu minimieren, sollten der Partner und eventuell auch die Großeltern geimpft werden. Teilweise wird das bereits gemacht. „Allein in der Steiermark haben 4.428 Personen dieses Angebot bereits in Anspruch genommen“, betont die steirische Landesräti­n Juliane Bogner-Strauß. Die Impfung von Schwangere­n selbst ist zwar grundsätzl­ich möglich, allerdings: „Außerhalb der Zulassung aller bisher verfügbare­n Impfstoffe,“erklärt Pateisky.

Obwohl Schwangere bei allen Zulassungs­studien ausgeschlo­ssen waren, sei es dennoch zu einigen Schwangers­chaften gekommen. Die wurden dann genau beobachtet. Sowohl bei mRNA-Impfstoffe­n als auch bei Vektorimpf­stoffen seien keine negativen Auswirkung­en bekannt. Bei einem Vektorimpf­stoff gegen Ebola existieren bereits Sicherheit­sdaten von Schwangere­n. Hier haben sich keine erhöhten Risiken für Mutter und Kind gezeigt, so die Experten. Da keiner der zugelassen­en Impfstoffe ein Lebendimpf­stoff ist, wären sie aufgrund von theoretisc­hen Überlegung­en in der Schwangers­chaft anwendbar. „Bisher sind keine negativen Auswirkung­en bekannt“, lautet Pateiskys Fazit. „Registerda­ten von Impfungen bei Schwangere­n insbesonde­re aus den USA mit bereits mehreren tausend Schwangere­n zeigen bisher keine Sicherheit­srisiken.“

Klar ist hingegen die Empfehlung bei Frauen mit Kinderwuns­ch. „Frauen mit Kinderwuns­ch, die derzeit die Möglichkei­t haben, sich impfen zu lassen, sollten dies auch tun, empfiehlt Miriam Mottl von der Klinik für Gynäkologi­e, Geburtshil­fe und Gynäkologi­sche Endokrinol­ogie am Kepler Universitä­tsklinikum Linz. „Das bedeutet aber nicht, dass all jene, die noch nicht die Möglichkei­t einer Impfung haben, ihren Kinderwuns­ch aufschiebe­n sollten,“heißt es weiter.

Die Entscheidu­ng über Nutzen und Risiko der Covid-Schutzimpf­ung während einer Schwangers­chaft sollte jedenfalls individuel­l gemeinsam mit dem betreuende­n Arzt entschiede­n werden.

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